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-- "Spa 1964" -- "Hahnes doppeltes Rennen" --"Rückschlag 1965" --
-- "Europapokal 1965" -- "Spa 1966" -- "Traumrunde auf dem Nürburgring" --
Der Tourenwagen-Europa-Pokal |
Anfang 1964 erscheint BMW mit einem neuen Wagen auf den Rennpisten. dem „1800 TI“. Natürlich ist das nicht die Normalausführung, obwohl auch sie schon 110 PS hat und über |
Ein 1800TI in "schneller Fahrt" verfolgt von einem Alfa |
170
km/h läuft und deshalb gleich „die Familienrakete“ heißt. Aber mit
einer Familienrakete kann man inzwischen im Tourenwagensport keinen
Blumentopf mehr gewinnen. Denn was da als „Tourenwagen“ herumfährt,
das sind in Wirklichkeit richtige PS-Fabriken, mit Motoren, aus denen
das Letzte an Reserven herausgekitzelt ist, und mit dicken Reifen -
beinahe wie Rennreifen. |
Das
ist aber auch alles, was man am Fahrgestell verändern mußte, denn
schon der „normale“ TI liegt wie ein Brett auf der Straße. Der
Renn-TI fegt über die Pisten, als sei er angeklebt! Sein Erscheinen
bringt den internationalen Tourenwagensport ganz schön auf Touren. Plötzlich
wird jedem klar, daß 1964 eine ganz heiße Rennsaison bevorsteht. Inzwischen
haben auch die anderen Firmen nicht geschlafen. Man hat sich auf die
Wirkung besonnen, die von Sporterfolgen ausgeht. Selbst Autofirmen, die
vorher nicht gerade sportfreundlich waren, mischen jetzt mit, und die
anderen, die „Sport“-Firmen, bleiben auch nicht gerade auf ihren
Lorbeeren sitzen. Ford
geht ganz groß 'ran - und hat sich seinen englischen „Cortina“ bei
Lotus ziemlich schnell machen lassen ... Mercedes hat seinen schnellen
„300 SE" noch schneller gemacht. Lancia ist wieder da. Die Alfas
haben ein paar neue Typen. Auch Jaguar ist da und Morris und sogar die
amerikanischen Fords - aufs äußerste erleichterte Sport-Versionen mit
unheimlich großen, über 500 PS starken 7-Liter-Motoren ... Sie
alle haben einen besonderen Grund, 1964 stark zu sein. Dies ist das
erste Jahr, in dem der Europapokal für Tourenwagen ausgefahren wird,
eine neue Konkurrenz, die für eine Marke eine enorme Bedeutung haben
kann - wenn man darin Sieger wird, oder zumindest, wenn man darin ganz
vorne liegt ... Als
die Rennsaison 1964 beginnt, ist man bei BMW ganz optimistisch. Für den
„1800 Tl“ ist eine gute Mannschaft verpflichtet worden: für den
Europapokal Walter Schneider, der ehemalige Motorrad-Weltmeister, der
auf dem „700“ in den letzten Jahren gut herausgekommen war. Dazu als
Partner für die Langstrecken- Rennen Hubert Hahne - der erfolgreichste
„700“-Fahrer 1963. Dann noch Heinrich Eppelein, der
BMW-Versuchsingenieur - er soll die Deutsche Bergmeisterschaft fahren.
Außerdem ist noch Toni Fischhaber aus Bad Tölz da, der den EIva-BMW in
der Europa-Bergmeisterschaft steuern soll, und vor allem Alex von
Falkenhausen, Leiter des BMW-Versuchs und Rennleiter - und immer noch
ein ausgezeichneter Rennfahrer. Der
„Probegalopp“ mit dem „Tl“ verläuft zufriedenstellend: Am 12.
April gewinnt Eppelein mit dem 1800 TI den ADAC-Bergpreis Bad Neuenahr -
den 1. Lauf zur Deutschen Bergmeisterschaft. Eine
Woche darauf fährt Alex von Falkenhausen den 1800 TI selbst - beim
Internationalen Bergrennen in Ebersbach. Er siegt unangefochten ... Auch
der Start zum Europapokal ist erfolgreich: am 11. Mai gewinnt Walter
Schneider die 2000er Klasse beim Internationalen Pokalrennen von Zolder
in Belgien überlegen und erhält dafür 7 Wertungspunkte
gutgeschrieben. Allerdings
sind in Zolder die schärfsten BMW-Konkurrenten ebenfalls erfolgreich:
Eugen Böhringer, Stuttgart, gewinnt auf Mercedes 300 SE seine Klasse,
und in der 1600er Klasse siegt Sir John Whitmore, England, auf einem
Lotus-Cortina. Am
6. Juni fahren Schneider/Hahne das 6-Stunden-Rennen von Brands Hatch bei
London. Es zählt für den Europapokal, und diesmal ist die Konkurrenz
überwältigend. Aber wieder hält sich der BMW gut - diesmal ist er
sogar in der Gesamtwertung ganz vorne, liegt zuerst stundenlang auf dem
2. Platz, dann, wieder über eine Stunde, auf dem 3. Platz. Aber dann muß
er stoppen: Kupplungsschaden. Aus! Acht
Tage darauf ist wieder ein Europapokal-Lauf, diesmal in Frankreich- das
Bergrennen am Mont Ventoux in der Provence, und diesmal scheint BMW
schon aus dem Rennen ausgeschieden zu sein ... Bei
dem Versuch, die Scharte von Brands Hatch auszuwetzen, fährt Schneider
etwas zu schnell in eine Kurve - und plötzlich ist alles aus. Er fliegt
hinaus, über den Straßenrand - und stürzt 150 Meter tief in den
Abgrund ... Sieger
in der 2000er Klasse wird ein Lancia-Zagato. Und wieder gewinnt Böhringer
überlegen seine Klasse. Es ist ein schwacher Trost, daß Whitmore kurz
vor dem Ziel mit Getriebeschaden liegen bleibt; trotzdem gewinnt ein
Lotus-Cortina. Außerdem
hat Böhringer jetzt schon 21 Punkte ... Bei
BMW überlegt man nicht lange. Zwar ist Schneider vorläufig
ausgefallen, zwar ist sein TI nur noch Schrott, aber da ist ja noch
jemand: Am selben Tag, an dem Schneider verunglückte, hat sein
Co-Equipier von Brands Hatch, Hubert Hahne, im Flugplatzrennen von
Mainz-Finthen spektakulär gewonnen. Er gewann, obwohl ihm gleich nach
dem Start der Schalthebel abbrach und er das Rennen mit einem einzigen
Gang zu Ende fahren musste; er konnte eben nicht mehr schalten. Was er
dann aber mit diesem 3. Gang machte, riß die Zuschauer zu
Begeisterungsstürmen hin: Er ließ den Wagen durch die Kurven
schleudern, fuhr manchmal nur auf zwei Rädern ... Aber er gewann. Er
zeigte, was in dem „Tl“ für Reserven steckten. Er gewann nachher
noch ein offiziell kontrolliertes „Privat-Rennen“ gegen den
Jaguar-Spitzenfahrer, den schnellen Peter Lindner - mit 1,8 Liter gegen
3,8! Zwei
Tage darauf ist Hahne am Ring - zum Training für die „6 Stunden vom Nürburgring“,
sein erstes Europapokal-Rennen als Nummer 1. Diesmal fährt er mit
Fischhaber, Tölz, zusammen. Im
Training sind sie noch ziemlich langsam. Sie fahren 10.51 Minuten - das
ist keine gute Zeit. Sie sind damit deutlich hinter dem Lancia von
Crosina, der 10.42 fährt, und sie bleiben weit über der Zeit von Böhringer,
der mit dem Werks-Mercedes eine neue Rekordrunde fährt: 10.20,9 Minuten
- eine unglaubliche Zeit. Allerdings ist sie nicht „offiziell“, denn
als Rundenrekorde werden ja nur die im Rennen gefahrenen Zeiten
gewertet. Immerhin ist er eine halbe Minute schneller als der BMW! Auch
Sir John Whitmore ist schneller. Ein, zwei andere Lotus-Cortina, ein
„privater“ Mercedes und sogar der riesige Ford-Galaxie bleiben unter
10.40 Minuten ... Im
Rennen ist Hubert Hahne plötzlich mitten in der Spitzengruppe. Es
scheint so, als habe er die Konkurrenten geblufft. Aber er mischt nur
zwei, drei Runden vorne mit; nach der 3. Runde rollt er langsam an die
Boxen, als die Spitze schon längst im Hatzenbach verschwunden ist. Er
springt heraus ... „Hinterachsschaden!
Hinten kracht es fürchterlich. Im Brünnchen gab es einen Knall“,
schreit er. Das bedeutet wahrscheinlich das Ende des Rennens. Es
ist nicht ganz das Ende und auch kein schwerer Schaden. Nur ein „Silentblock“
hat sich gelöst und ist davongeflogen. Es ist nichts Ernstes, aber die
Reparatur dauert doch 12½ Minuten! Als Hahne wieder auf die Strecke
geht, ist die Spitze eineinhalb Runden vorne, und Hahne/Fischhaber
liegen an letzter Stelle des Feldes. Vorne fährt Böhringer, dessen
neuer Rundenrekord gerade über den Lautsprecher durchgesagt wird, als
Hahne einsteigt: 10.29,2 Minuten. Dann
geht Hahne auf die Verfolgungsjagd. Es scheint aussichtslos, aber
immerhin sind ja 6 Stunden zu fahren, und in sechs Stunden kann noch
viel passieren - jetzt, nach etwas über einer halben Stunde, sind ja
schon sechs, sieben Fahrzeuge ausgefallen. Nach
einer Stunde führen Böhringer/Glemser mit weitem Vorsprung vor Crosina
auf Lancia, Whitmore und Taylor auf Cortina-Lotus und Schiek/Kling auf
Mercedes. Hahne/Fischhaber sind immer noch letzte, aber sie holen auf. Nach
der Hälfte des Rennens liegen sie nur noch mit knapp über drei Minuten
Rückstand auf dem 4. Platz in ihrer Klasse. Dann steigert sich Hahne
auf eine Rundenzeit von 10.30,2 - und arbeitet sich damit auf den 17.
Platz im Gesamtklassement vor. Inzwischen
sind nur noch 62 von den ursprünglich 87 Startern im Rennen ... Nach
vier Stunden liegen Hahne/Fischhaber an 13. Stelle im Gesamtklassement.
In ihrer Klasse sind sie jetzt Zweite. Nach
fünf Stunden liegen Hahne/Fischhaber in ihrer Klasse an 1. Stelle! Auch
im Gesamtklassement haben sie sich weiter vorgearbeitet: auf Platz 11.
Vorne fahren immer noch Böhringer/Glemser unangefochten an der Spitze,
auch wenn inzwischen der 7-Liter-Ford mit 10.20,7 Minuten eine neue
Rekordrunde fährt. Eine unglaubliche Zeit für diesen schweren Wagen
... Nach
6 Stunden wird Eugen Böhringer als Sieger abgewinkt. Eine Runde
dahinter folgen die beiden Lotus-Cortina von Sir John Whitmore und
Taylor, dicht dahinter der zweite Mercedes von Schiek/Kling, dann die
beiden Morris-Cooper-S von Broas/Hadley und Vernoeve/Fitzpatrick und,
nur um Sekunden hinter den beiden Cooper liegend, erscheint als
Siebenter der BMW von Hahne/Fischhaber ...
hat den Löwenanteil an der Aufholjagd geleistet - und für
BMW wertvolle Punkte für die Europapokal-Wertung geholt. Eine
Woche später steht Hubert Hahne wieder am Start, diesmal auf der Avus.
Wieder ist er erfolgreich - sogar im Gesamtklassement! Er siegt überlegen
vor dem schnellen Alfa von Herbert Schultze, und damit liegt er in der
„Deutschen“ weiter an der Spitze ... Am
12. Juli ist Hahne schon wieder dabei. Das „12-Stunden- Rennen vom Nürburgring“
ist zwar „nur“ ein Lauf für die „Deutsche“, aber es ist sehr
wichtig. Diesmal fährt Hahne mit Eppelein zusammen, und diesmal gibt es
für das BMW-Team keinen Gegner. Sie gewinnen das Gesamtklassement mit 2
Runden Vorsprung. Eugen Böhringer ist jedoch nicht unter den Gegnern;
er steht an der Strecke und studiert seinen Gegner - denselben Hahne,
gegen den er in zwei Wochen im größten Tourenwagensport-Ereignis der
Saison fahren muß: in den „24 Stunden von Spa“. "Spa 1964" Diese
„24 Stunden“ werden ein Rennen, von dem man noch lange sprechen
wird. - Hahne hat einen neuen Partner bekommen, den Finnen Aaltonen, den
mehrmaligen Monte-Carlo-Sieger und Rallye-Europameister, einen glänzenden
Langstreckenfahrer, mit ausgezeichneten Nerven. Die
„24 Stunden von Spa“ erfordern gute Nerven - genau wie die „24
Stunden von Le Mans". Die beiden Langstreckenrennen gleichen
einander nicht nur in der Dauer. Auch in Spa wird von Samstag um 16 Uhr
bis zum Sonntag um 16 Uhr gefahren, und auch in Spa gibt es nur 55
Starter. Die Strecke ist schnell, fast so schnell wie in Le Mans, dafür
aber womöglich noch gefährlicher. Alles in allem haben die „24
Stunden von Spa“ ihren Namen zu Recht: Das „Le Mans der
Tourenwagen“. Vom
Start weg schießen zwei Citroen nach vorne - vorbei an dem Mercedes von
Böhringer/Glemser, dem Lancia von Harris/Ickx und dem BMW von
Hahne/Aaltonen. Aber schon aus der ersten Runde kommt Böhringer als
Erster heraus, gefolgt von Sir John Whitmore auf dem Cortina-Lotus. Der
BMW liegt an 4. Stelle. Dann wird die Stimme des Strecken-Lautsprechers
ernst: in der „Masta“-Kurve haben zwei Lancias kollidiert. Der eine
hat einen Leitungsmast umgefahren, gegen den ein Volvo knallte. Zwei
Schwerverletzte, drei ausgefallene Wagen! Nach
einer Stunde liegen Whitmore/Gardner vorne - vor Böhringer/Glemser und
Hahne/Aaltonen. Nach
2 Stunden haben Böhringer/Glemser sich von ihren Konkurrenten gelöst.
Der schwere Mercedes mit seiner 3-Liter-Maschine liegt
eine Runde vor den beiden Kampfhähnen hinter ihm. Jetzt raufen sich
Hahne und Whitmore um den 2. Platz! Bei BMW haben die Fahrer gewechselt,
und jetzt schiebt sich der BMW mit Hahne am Steuer weiter nach vorne.
Dann fährt Whitmore eine Rekordrunde - mit fast 177 km/h - und muß
kurz danach an die Boxen. Bremsenschaden! Aus für Sir John! Dafür
kommt ein weiterer Mercedes auf ... Nach
4 Stunden führen Böhringer/Glemser immer noch mit einer Runde
Vorsprung. Dahinter liegt jetzt der zweite Mercedes von Crevits/Gosselin.
Die belgische Equipe ist auf
„ihrer" Strecke natürlich wie zu Hause. -
Dann beginnt die Nacht. Nach
8 Stunden führen weiter Böhringer/Glemser mit mehr als Rundenabstand.
Ihr Vorsprung hat sich noch etwas vergrößert. Dahinter liegen jetzt
Taylor/Harper auf Lotus-Cortina, Crevits/Gosselin, auf dem 4. Platz
folgen Hahne/Aaltonen. Knapp
nach Mitternacht gibt es einen Zwischenfall. Der Lancia von Ickx/Harris
fährt an die Boxen und hält. Der Fahrer steigt aus und stützt den
Kopf in die Hände. Es sieht aus, als ob er weint. Dann kommt die
Nachricht von der Strecke: der andere Lancia, der noch im Rennen war,
ist bei Malmédy hinausgeflogen, der Fahrer, einer der beiden Gebrüder
Frescobalde, ist tot. Damit sind drei der vier Lancias verunglückt! Der
vierte gibt entsetzt auf ... Kurz
danach kommt Böhringer an die Boxen. Er hält, springt heraus, und dann
setzt vor der Mercedes-Box eine fieberhafte Tätigkeit ein, während das
Feld ein-, zwei-, dreimal vorüberfährt; die Benzineinspritzung ist
defekt. In Rekordzeit wechseln die Mechaniker die Einspritzpumpe aus.
Nach 17 Minuten ist Böhringer wieder im Rennen. Zwei
Stunden nach Mitternacht liegen Hahne/Aaltonen vorne: Der zweite
Mercedes ist an der Box, der Lotus-Cortina ist ausgefallen. Aber dann
kommt der Mercedes gleich wieder. Es ist nichts; nur Fahrerwechsel und
Bremsen nachsehen - das war alles. Hahne/Aaltonen bleiben weiter vorne,
dahinter fährt Böhringer eine Rekordrunde, schraubt den Rundenrekord
auf über 177 km/h und findet Anschluß ... Um
4 Uhr früh ist Böhringer erneut vorne. Hahne/Aaltonen müssen zum
Auftanken an die Box, machen Reifenwechsel, sind aber wieder im Rennen,
als Böhringer gerade an den Tribünen vorüberzischt. Im
Morgengrauen gibt es einen aufregenden Kampf. Vorne liegt der schwere
Mercedes von Böhringer/Glemser, dicht dahinter der schlanke BMW von
Aaltonen/Hahne, 2 Minuten dahinter der zweite Mercedes, der allmählich
zurückfällt. Nach
16 Stunden liegen die beiden immer noch gleichauf. Runde auf Runde jagt
der BMW den schnellen Mercedes, Hahne fährt jetzt das Rennen seines
Lebens! Auf drei, manchmal auf zwei Rädern fegt er um die Kurven, holt
in jeder Kurve ein paar Zehntelsekunden heraus, kommt immer wieder
heran, denn auf der Geraden ist der Mercedes ja viel schneller. Einmal
fliegt Hahne heraus, dreht sich, schlägt einen Kreis - und kommt wieder
herein, jagt weiter, immer weiter. Nach 20 Stunden haben Böhringer/Glemser
wieder eine Runde Vorsprung herausgefahren. Der BMW wird langsamer, die
Fahrer haben jetzt Schwierigkeiten mit der Steuerung - und dann muß
Aaltonen an die Boxen: vorne links stimmt etwas nicht. Das linke
Vorderrad flattert, er kann den Wagen kaum noch halten. Man
sieht nach - und dann ist alles zu Ende. Die Radlager sind defekt, die
Vorderradnabe hat einen Schlag abbekommen. Vorne ist alles kaputt, die
Bremsscheiben sind fast rotglühend vor Überbeanspruchung ... Jetzt
kommt die große Stunde der BMW-Monteure! Mit bloßen Händen reißen
sie die Bremsscheiben ab, montieren in fliegender Hast neue Achsnaben
und neue Bremsscheiben. Nach kaum 15 Minuten ist Hahne wieder auf der
Piste! Aber mehr als drei Runden sind verloren. Jetzt ist nicht nur Böhringer
unerreichbar weit weg; auch der zweite Mercedes ist fast zwei Runden
voraus!
Hahne sitzt jetzt wieder am
Steuer und versucht aufzuholen. Dann bekommt er jedoch das Zeichen von
der Boxe: Langsam, es hat keinen Sinn! Du gefährdest nur den
Klassensieg, die wertvollen Europapokal-Punkte ... Auf
einmal passiert es: Hahne sieht vor sich einen Mercedes, der ganz
langsam fährt. Es ist die Nr. 200, Böhringer! Mühselig schleppt er
sich auf die Boxen zu ... Als
Hahne in der nächsten Runde vorbeifährt, steht der Mercedes immer noch
an den Boxen. Mechaniker wimmeln um ihn herum, man montiert fieberhaft,
Fotografen stehen neben dem Wagen und „schießen“ ein Bild nach dem
andern. Rennkommissare sind auch da. Irgend etwas muß los. sein. In
der nächsten Runde bemerkt Hahne noch immer das gleiche Bild, auch in
der übernächsten ... Jetzt
dreht Hahne auf. Vielleicht gelingt es doch noch, den belgischen
Mercedes einzuholen! Vorhin, beim letzten Wechsel, hat er gehört, daß
der Mercedes Schaltschwierigkeiten hat. Vielleicht bekommt er ihn noch.
Europapokal-Punkte sind ja ganz schön, aber er möchte dieses Rennen
mit dem 1,8-Liter-BMW gegen die 3-Liter-Mercedes gewinnen. Er möchte
die Chance ausnützen: das Rennglück oder vielmehr das Rennpech Böhringers,
der immer noch an der Boxe steht, jetzt hinter ihm liegt und vielleicht
aufgeben muß. Hahne
schafft es nicht mehr ganz. Knapp hinter der Nr. 102 von Crevits/Gosselin
geht die Nr. 204 mit Hahne/Aaltonen durchs Ziel. Böhringer hatte
ebenfalls einen Defekt an der Vorderradaufhängung. Die Achse wurde
ebenfalls in Rekordzeit ausgebaut. Erst dann wurde bemerkt, daß die
Reserveachse ein paar Kilometer entfernt im Depot lag! Im letzten Moment
hatte man aus einem ausgefallenen Mercedes die Achse aus- und in Böhringers
Mercedes eingebaut. Als er wieder auf die Piste gehen wollte, schritten
jedoch die Rennkommissare ein. Der Umbau war nach dem Reglement
verboten! Nur an der Box vorrätige Ersatzteile durften benutzt werden!
Das war das „Aus“ für Böhringer, für den Führenden während 23½
Stunden der 24 Stunden von Spa ... Trotzdem
werden die „24 Stunden von Spa“ zu einem großen Erfolg für die
deutschen Automarken. Erster ein Mercedes, Zweiter ein BMW. Und den
belgischen „Königspokal“, den Teampreis der „24 Stunden“,
gewinnt auch noch eine deutsche Equipe: die „Glas“-Mannschaft aus
Dingolfing - die von ihrem Glück zunächst gar nichts weiß und von
ihrem Erfolg vollkommen überrascht wird. Die Fahrer hatten keine
Ahnung, wie gut sie im Rennen lagen. Die drei „Glas“ zogen 24
Stunden lang brav und ganz hübsch schnell ihre Runden, ohne groß
aufzufallen. Sie sind überrascht, als sie den Königspokal erhalten -
vor den Alfas, die doch Dritter, Vierter und Fünfter im
Gesamtklassement geworden sind. Aber von acht Alfas sind nur vier
angekommen, dagegen von drei Glas alle drei. Die
„Schlacht von Spa“ wird zu einem Riesenerfolg für BMW. Die
Bilder vom Rad-an-Rad-Rennen gegen den großen Mercedes gehen um die
Welt, und auf einmal nimmt jeder den neuen „TI“ für voll. Wenn er
die 24 Stunden so gut durchhält, wenn der 1,8-Liter-BMW dem
sieggewohnten 3-Liter-Mercedes beinahe die Schau stiehlt, muß er schon
ein hervorragendes Fahrzeug sein! Schließlich
sprechen noch die Zahlen für ihn - 24 Stunden mit 164,4 km/h
Durchschnitt - einschließlich der Pausen für Tanken, Reifenwechsel und
Reparaturen! Damit blieben sie nur um 0,4 km/h hinter den Siegern,
liegen aber volle 7 km/h vor den Dritten, Galimberti/Facchetti, Italien,
auf Alfa Romeo. Der
Europapokal ist jetzt wieder völlig offen ... Schon
eine Woche später beginnt für Hubert Hahne das nächste Rennen: Eine
halbe Stunde, nachdem John Surtees auf Ferrari den „Großen Preis von
Deutschland“ gewonnen hat, starten die Tourenwagen zu ihrem
Meisterschaftslauf um die „Deutsche“... Diesmal
ist Hahne der Favorit des Rennens: im Training ist er 10.21,5 Minuten
gefahren, die weitaus schnellste Zeit! Vom
Start weg setzt sich Hahne an die Spitze, um sie während der 5 Runden
nicht mehr abzugeben. Ganz überlegen siegt er in 52.37,7 - fast
eineinhalb Minuten vor dem Zweiten, Schiek/Mercedes in 54.03,4 Minuten.
Außerdem hat er einen neuen Rundenrekord für Tourenwagen gefahren-
131,4 gegen die 131,1, die Böhringer/Glemser bei den „6 Stunden“
aufstellten. Damit
liegt Hahne in der „Deutschen“ weiter in Führung. Auch im
Europapokal arbeitet er sich vorwärts ... Am
23. August gewinnt er das Bergrennen in St. Ursanne in der Schweiz.
Jetzt hat er bereits den 3. Wertungslauf im Europapokal gewonnen! Acht
Tage darauf ist wieder ein Rundstreckenrennen fällig: in Zandvoort,
Holland. Auch hier geht es um Punkte für die Europameisterschaft. Alle
sind am Start, die sich noch Siegerchancen in der Wertung ausrechnen,
nur Böhringer fehlt. Nach Spa und dem letzten Nürburgringrennen ist es
klar, daß die anderen schneller sind, daß die Mercedes gegen die
schnellen Lotus und BMW keine Chance mehr haben - sofern die ankommen.
Deshalb hält sich Mercedes zurück. Entweder reicht Böhringers
Punktkonto schon für den Sieg - oder eben nicht. Eine Niederlage nach
der anderen will man jedoch nicht riskieren. Von
Anfang an jagen sich Hubert Hahne, Sir John Whitmore und Jacky Ickx. Die
drei fahren ein Rennen, daß den Zuschauern die Luft wegbleibt! Nur
Zentimeter trennen die drei manchmal in den Kurven. Vor allem Hahne legt
ein Rennen hin, daß die Leute ihm nur so zu jubeln. Zwar fährt Sir
John diesmal die schnellste Runde - aber Hubert Hahne auf BMW wird
Tagessieger - vor Crosina auf Lancia-Flavia, Sir John Whitmore und Jacky
Ickx ... Hahnes „doppeltes“ Rennen Am
Wochenende vom 12. zum 13. September 1964 ist Hahne in einer richtigen
Zwickmühle. Am 13. September ist in Wunstorf bei Hannover ein
Flugplatz-Rundstreckenrennen, das zur Deutschen Meisterschaft zählt.
Bisher hat Hahne siebenmal gesiegt. Wenn er auch in Wunstorf seinen Lauf
gewinnt, ist er nicht mehr einzuholen. Am
selben Wochenende - ebenfalls am 13. September - wird aber auch das
Bergrennen am Timmelsjoch in Österreich veranstaltet, das für die
Europapokal-Wertung gilt. Wenn er dort nicht mitmacht, ist er
hoffnungslos abgeschlagen! Immer noch liegen Sir John Whitmore, Böhringer
und der Engländer Banks auf Cooper vor ihm, und er darf keine Startmöglichkeit
verschenken, will er noch mitreden ... Hahne
studiert den Terminkalender, die Startzeiten - und hat plötzlich den
Einfall des Jahres. „Ich kann beides mitmachen, wenn ich zwei Wagen
bekomme!“ sagt er zu Alex von Falkenhausen. Der
lächelt. Das hat er sich auch ausgerechnet. „Und zwar?“ fragt er.
Er weiß nämlich, daß es nicht geht.
Hahne
lacht. „Doch, es geht! Ich habe mit Schlüter gesprochen. Er fährt
mich hin. Und sonst? Es geht - mit einer Chartermaschine.“ Falkenhausen
zieht die Stirne kraus. „Na schön; einen zweiten Wagen
kriegen Sie. Und das mit der Chartermaschine ist auch zu machen, glaube
ich. Hoffentlich geht sonst alles glatt, denn wenn wir die
Trainingsrunden nicht zusammenhaben ...“ Ganz
wohl scheint ihm bei der Geschichte nicht zu sein. Das
Wochenende wird für Hahne ziemlich turbulent. Am Freitag trainiert er
am Timmelsjoch mit dem „Bergwagen“. Abends fährt er mit Walter Schlüter
zurück nach München. Sie kommen gerade noch rechtzeitig am Flugplatz
an. „Nervös?“
fragt Schlüter. „Nein,
kein bißchen!“ Aber
er scheint doch nervös oder zumindest zerstreut zu sein. Als die
Maschine schon startklar ist, ruft die Stewardeß ihn aus: Samstag
früh ist Training in Wunstorf. Hahne fährt seine Pflichtrunden, dann
noch ein paar Trainingsrunden - und auf einmal passiert es ... In
voller Fahrt touchiert er einen anderen BMW. Dann überschlägt sich
Hahnes Wagen ... Als
er herausspringt, scheint alles aus zu sein. Der „Tl“ ist stark
beschädigt. So kann er unmöglich das Rennen mitfahren! Nach dem
Reglement muß der Fahrer jedoch mit dem Wagen starten, auf dem er das
Training absolviert hat ... Die
BMW-Rennmannschaft macht das Unmögliche möglich: Die Monteure arbeiten
die Nacht durch, und am Sonntagmorgen steht Hahnes BMW am Start. Nicht
gerade märchenhaft schön schaut der BMW aus, aber er ist sogar frisch
gespritzt. Hahne
startet - und gewinnt überlegen. Er gewinnt sogar das Gesamtklassement
... Damit
ist er „Deutscher Automobil-Rundstreckenmeister 1964“ geworden, aber
zum Feiern bleibt ihm keine Zeit. Sofort nach dem Sieg springt er in ein
Auto. In rasender Fahrt geht es zum Flughafen Hannover. Dort
wartet schon eine Cessna auf ihn, die Maschine von Hardy Krüger, mit
der er seine Afrika-Flüge machte. Hahne steigt ein, der Motor wird
angeworfen, die kleine Maschine rollt auf die Startbahn zu ... Erst
in der Luft kommt Hahne wieder richtig zu sich. Er wird ganz ruhig und
genießt den Flug. Er ist ja selbst Flieger und hat einen Pilotenschein.
Er entspannt sich, dann übernimmt er selbst den Steuerknüppel. Der
Spessart zieht unter ihnen vorüber, sie überfliegen den Main. Ruhig
liegt das Maschinchen in der Luft, gleichmäßig dröhnt der Motor. Da
vorne sind schon die Alpen zu sehen, noch weit entfernt. Jetzt übernimmt
der Pilot wieder das Steuer. Als
die Maschine auf dem Flughafen Innsbruck landet, wartet Schlüter
bereits wie auf Kohlen. Der Verkehr heute ist schlimm, das hat er schon
bei der Herfahrt gemerkt. Kaum
ist Hahne eingestiegen, fährt Schlüter los. Es wird eine Fahrt auf
Biegen und Brechen! Der Rallye-Europameister fährt, was 'rausgeht, ohne
mit den Verkehrsvorschriften in Konflikt zu kommen, und für Hahne ist
es doch etwas anderes, daneben zu sitzen, als selbst das Steuer in der
Hand zu haben. Ötz,
Sölden - noch 10 Kilometer bis zum Start. Plötzlich ist es aus:
Verkehrsstockung! Natürlich, das Bergrennen! Dazu der Sonntagsverkehr
und der schöne Tag. Auf
einmal ist ein Polizeiwagen da, lotst sie durch und winkt sie weiter,
als die Stockung überwunden ist. Auf den letzten paar Kilometern der
schnellen, breiten Bergstraße holt Schlüter alles aus seiner
„Familienrakete“ heraus. Dann sind sie da. Eine
halbe Minute vor seiner Startzeit sitzt Hahne in seinem TI, schnallt
sich den Sturzhelm fest, noch 20 Sekunden, noch 10 Sekunden, noch 5 ... Plötzlich
hebt der Starter die Flagge, winkt ab. Etwas ist dazwischengekommen. Der
Start wird noch nicht freigegeben! Hahne
wartet. Eine Minute vergeht, zwei, drei. Immer noch steht er am Start
und wartet. Dann kommt die Nachricht durch: Crosina, sein schärfster
Konkurrent, ist von der Strecke abgekommen, der Wagen hat sich überschlagen
und ist völlig kaputt. Crosina ist zum Glück fast unverletzt
herausgekommen. Jetzt
kann Hahne aufatmen. Nun braucht er nur noch oben anzukommen. Die
anderen Konkurrenten in seiner Klasse sind ungefährlich ... Er
lacht, als sich die Startflagge senkt, dann donnert der TI los ... Hahne
fährt ganz sicher in die Kurven und jagt die Serpentinen hoch, ohne
etwas zu verschenken. Aber er holt nicht das Letzte aus dem Wagen
heraus, sondern fährt beinahe vorsichtig. Noch
drei Kilometer ... Plötzlich tut es einen Schlag, etwas knallt, der
Wagen zieht jäh nach rechts und will ausbrechen. Hahne steuert gegen
und zwingt den BMW in die Kurve. Wieder fängt das Steuer heftig an zu
flattern, wieder zieht der Wagen stark nach rechts - dann ist er durch
die Kurve. Der
Wagen richtet sich wieder auf, fährt geradeaus, ist aber noch immer
„schwammig“ in der Lenkung, fühlt sich vorne „weich“ an und ist
kaum in der Spur zu halten. Jetzt will er wieder nach rechts ausbrechen
... Hahne
weiß, was geschehen ist: Der rechte Vorderreifen muß geplatzt sein!
Das waren der Schlag und der Knall. jetzt fährt er nur noch auf drei
Reifen! Er
überlegt fieberhaft, während er weiter den Berg hinaufjagt. Geradeaus
geht es einigermaßen, dann kommen da zwei, drei Rechtskurven. Die sind
harmlos, bei denen ist der rechte Vorderreifen sowieso kaum auf der Straße,
wenn er voll durchfährt. Die letzte Linkskurve vor dem Ziel muß er
eben ganz vorsichtig nehmen. Dann müßte es eigentlich trotzdem
reichen. Jetzt
kommen die beiden Rechtskurven: durch! Der Wagen tanzt ganz leicht,
Hahne fängt ihn ab und zwingt ihn vorsichtig wieder in die Gerade. Dort
oben ist schon das Ziel. jetzt kommt noch die spitze Linkskurve vor dem
Ziel. Wenn bloß nichts mehr passiert! Plötzlich
reißt es ihm das Steuer aus der Hand. Er will zurücklenken ... Aus,
es geht nicht mehr! Der Wagen zieht jetzt, wie von Riesenkräften
gezwungen, nach rechts, kommt von der Strecke ab, fährt die Böschung
hoch - und steht. Pech!
Als Hahne aussteigt, kommen die Leute auf ihn zugelaufen - schreiend,
winkend. Sie können nicht verstehen, warum er nicht weiterfahrt. Es
sind ja nur noch ein paar Meter bis zum Ziel! Sie können auch nicht
begreifen, warum er aus der Kurve geflogen ist. Er war doch gar nicht
schnell? Im Gegenteil, er fuhr geradezu enttäuschend langsam durch die
Kurve. Dann
sehen sie es. Der Reifen ist endgültig von der Felge gerutscht, hat
sich um die Spurstange gewickelt und die Lenkung blockiert. Hahne hat
unglaubliches Glück gehabt, daß er die Böschung hinaufgefahren ist
und nicht in den Abgrund hinunter! Aber
er ist aus dem Rennen. Aus! Aus der Traum vom Sieg am Timmelsjoch, aus
der Traum von der Europameisterschaft. Es
ist wirklich Pech. Später erfährt er, daß er bis zu dieser letzten
Kurve in Bestzeit gefahren ist und nicht nur seine Klasse gewonnen hätte,
wenn ... Eben.
Hätte - wenn! Das ist es. Hahne lacht. „An einem Dreizehnten soll man
eben nicht zwei Rennen fahren“, sagt er. Am
nächsten Sonntag fährt der frischgebackene „Deutsche
Rundstreckenmeister“ doch wieder mit, auch wenn er nicht mehr „im
Rennen“ ist. In
Budapest wird der Große Tourenwagenpreis von Budapest ausgefahren.
Letztes Jahr hat Hahne hier gewonnen - mit dem „700“. Jetzt fährt
er natürlich wieder mit - diesmal mit dem 1800 TI ... Es
ist der letzte Lauf zum Europapokal - und natürlich ist alles wieder
da. Im Training zeigt sich, wie schnell die Strecke heuer ist - und wie
gefährlich. Die Gefahr kommt jedoch nicht allein von der Piste ... Schon
beim Training stehen die Rennsport-Freunde dicht an der Piste und
weichen nicht einen Zentimeter zurück wenn ihnen die schweren Wagen gefährlich
nahe kommen. Im Rennen ist es noch schlimmer. Dicht
an dicht stehen die Zuschauer längs der Piste. Hahne überläuft es
eiskalt, als er die Menschenmauern sieht. Voriges Jahr ging es noch. Die
700er waren leichter und nicht so schnell. Da konnte man nicht so
driften wie jetzt. Hoffentlich wissen das auch die Zuschauer!
Jedesmal
scheint die jubelnde Menschenmauer ein paar Zentimeter näher gekommen
zu sein, wenn Hahne durch die Kurven jagt. Er hat es eilig. Er hat
wieder einmal gegen Whitmore zu kämpfen und gibt immer noch etwas zu, fährt
eine schnelle Runde nach der anderen, bricht fast jede Runde den
Rundenrekord. Dann
passiert es. Hahne kommt mit vollem Dampf daher und driftet ganz weit
'raus. Jetzt kann er das Gas nicht mehr wegnehmen, sondern nur noch
hoffen, daß das gut geht! Mein Gott, die Leute merken nichts, weichen
um keinen Millimeter ... Gerade
noch kann Hahne den BMW abfangen. Um eine knappe Handbreite schleudert
er an der Menschenmauer entlang! Er fängt den Wagen wieder und geht mit
Vollgas auf die kurze Gerade ... Als
er abgewinkt wird, ist er naßgeschwitzt. Er hat gewonnen, ist sogar
Erster im Gesamtklassement geworden - gegen all die starken und
schnellen Konkurrenten. Viel mehr aber freut er sich darüber, daß es
vorüber ist. „Das
war unmöglich - wie ich auf die zugekommen bin“, sagt er unsicher,
als er den Sturzhelm abnimmt. „Ich habe ein paarmal geglaubt, jetzt
fahre ich mitten 'rein!“ „Mir
ist es genauso gegangen“, sagt Sir John und muß sich erst einmal
setzen. 14
Tage später ist es entschieden: Nicht Sir John Whitmore gewinnt die
Europapokal-Wertung, sondern der Engländer Warwick Banks auf seinem
1300-Morris-Cooper. Whitmore ist Zweiter, Hahne Dritter. Als
am Ende der Rennsaison 1964 zusammengezählt wird, liegt BMW
eindrucksvoll an der Spitze: Hahne ist Deutscher Rundstreckenmeister und
Dritter in der Europapokal-Wertung. Eppelein wurde, nur knapp
geschlagen, Zweiter in der „Deutschen Bergmeisterschaft“. Das
ist mehr, als man erwarten konnte. Die „Neue Klasse“ hat sich
durchgesetzt! Außerdem haben Deubel/Hörner wieder eine
Weltmeisterschaft für Deutschland geholt, ihre vierte Weltmeisterschaft
hintereinander, und die elfte hintereinander für BMW - obwohl sie
diesmal nur Privatfahrer waren. Vor
allem aber hat BMW am Ende der Saison 1964 wieder einen Fahrer, der die
Zuschauer fasziniert - Hubert Hahne. Da er außerdem Erfolg hat, nehmen
ihn sogar die „Fachleute“ zur Kenntnis, wenn auch nicht besonders
gerne, denn der 29jährige hat einen Fahrstil, den man allenfalls einem
19jährigen verzeihen würde. Er fährt nämlich „falsch“ ... Dauernd
steht er „quer“. Er zieht den Wagen nicht durch die Kurven,
sondern „reißt ihn herum“. Er nimmt nicht an, was der Wagen
freiwillig hergibt, sondern „zwingt ihm seinen Willen auf“. Er ist
kein mutiger Fahrer; er ist ein „Selbstmörder auf Rädern“ - sagen
sie. Und
sie sind gar nicht glücklich darüber, daß dieser
„Kamikaze-Fahrer“ Rennen auf Rennen gewinnt und außerdem auch noch
das Publikum begeistert. Denn das kann nicht gutgehen; das muß einmal
schiefgehen ... Bei
BMW hat man weniger Bedenken gegen den gar nicht mehr so jungen Hahne.
Gewiß, er fordert seinem Wagen das Letzte ab, aber dafür sind Rennen
ja da! Es stimmt auch, daß er keinen „weichen“ Stil fährt, aber er
ist eben mit seinem Stil der Schnellste, und das entscheidet schließlich
beim Rennen! Sie geben zu, daß es verwegen aussieht, wenn Hahne durch
die Kurven „sägt“, aber gerade beim Fahren am Grenzbereich kann man
sehen, was ein Wagen taugt. Hahne hat bewiesen, was der 1800 TI wert
ist! Er spart außerdem, das weiß man bei BMW recht gut, ein ganzes
Laboratorium ein ... Rückschlag 1965 Das
Rennjahr 1965 beginnt mit einem Paukenschlag: Mercedes kündigt an, daß
es sich vom Tourenwagensport zurückzieht. Damit fällt das bedeutendste
Fabrikteam der letzten Jahre aus ... Die
Nachricht erregt bei den BMW-Leuten niemand. Daß Mercedes 1964 gegen
die neuen BMW eine Niederlage nach der anderen erlitt, hatte die
sieggewohnten Untertürkheimer natürlich recht verärgert. Niemand
bei BMW glaubt daran, daß die Rennbeteiligung von Mercedes ganz zu Ende
sein soll. Man hat da so seine Erfahrungen und weiß genau, daß ein
paar rennsportbegeisterte Mercedes-Leute den ganzen Winter daran
gearbeitet haben, den „300 SE“ noch einmal richtig „schnell“ zu
machen. Mit der offiziellen Mercedes-Konkurrenz scheint es vorläufig
jedoch nichts zu sein. Mit
der Konkurrenz der anderen Schnellen dagegen um so mehr! - Bei Lotus ist
daran gearbeitet worden, den „Ford-Cortina" noch schneller zu
machen, und Lancias „Flavia“ soll in Monza Wunderzeiten erreicht
haben ... Die
Alfa-Leute haben sehr an ihren „Giulias“ gearbeitet. 1965 wollen sie
wieder ganz vorne mitmachen. Auch
bei BMW hat man sich auf den Lorbeeren nicht ausgeruht, aber mit dem
„1800“ ist nicht mehr allzuviel zu machen. Der Wagen ist eben viel
mehr als die anderen noch ein echter Tourenwagen! Das Fahrgestell ist
aufwendig, zuverlässig und gut, aber eben etwas zu schwer. Die
Karosserie ist dafür gebaut, daß sie kompakt, geräumig und
funktionell ist, aber nicht unbedingt dafür, daß man damit 230 km/h
fahren kann. Der „1800 Tl“ war ja nur als schneller, sportlicher
Reisewagen gedacht, von dem man insgesamt nicht mehr als 5000 Stück
bauen wollte. Was die „Versuchs-Abteilung“ aus diesem Reisewagen
gemacht hatte, damit hatte beim BMW-Vorstand zunächst selber niemand
gerechnet. Genausowenig hat jemand damit gerechnet, wie dieser
„Sportwagen“ von BMW einschlug. 1963 hat man davon nur 7 Stück
verkauft. 1964 wird eine Lawine daraus! Jeder will jetzt den schnellen
BMW haben, der so viele Sporterfolge erzielt - 1964 werden achttausend
„1800 Tl“ verkauft. Und 1965 betragen die Lieferzeiten schon sechs
Monate.
Die
„Privaten“ sind damit zufrieden, und der Tourenwagensport nimmt in
Deutschland einen weiteren gewaltigen Aufschwung, wie der ganze
Motorsport überhaupt ... Anfang
1965 hat die „ONS“ über 10 000 Lizenzen und Ausweise an Sportfahrer
vergeben! Bei
BMW kann man sich jetzt auch voll auf die internationalen Rennen
vorbereiten. Man meldet für Sebring/USA, das neue Mekka des Rennsports
in der Neuen Welt. Dort soll die „Neue Klasse“ vorgeführt werden -
mit einem entsprechenden Aufwand an Fahrern und Material. Vorher
findet noch die „Rallye Monte Carlo“ statt, diesmal wieder mit
BMW-Beteiligung. Wie vor 35 Jahren, ist auch diesmal das BMW-Team keine
Werksmannschaft. Das
Wetter ist im Januar 1965 überall in Europa milde. Deshalb scheint die
34. Rallye Monte Carlo eine bessere Spazierfahrt zu werden - jedenfalls
bis zum Kontrollpunkt Saint-Claude westlich Genf, dem gemeinsamen
Treffpunkt der Fahrer aus den neun Startorten. Nur fünf von 238
Startern sind bisher ausgefallen - ein Rekord für die
Monte-Carlo-Rallye! Und die „gemeinsamen“ 800 Kilometer bis Monte
Carlo können auch nicht mehr allzu schlimm sein, trotz der Sonderprüfungen
im Jura und in den Alpen. Plötzlich
schlägt das Wetter um. Kurz hinter Saint-Claude beginnt es zu regnen.
Im Jura ist Schneesturm und schlechte Sicht, dann regnet es, als man am
Genfer See vorbeikommt. In Chambéry schneit es wieder heftig, und dann
wird es mit jedem Kilometer schlimmer ... In
Castellane, nach 400 km, sind nur noch 123 Teams in der Wertung. In
Annot, 120 km vor Monte Carlo, kommen noch 57 Teams durch die Kontrolle
- davon nur drei strafpunktfrei! In
Monte Carlo sind noch ganze 35 Mannschaften im Rennen, 35 von 233, die
vor etwas mehr als 12 Stunden in Saint-Claude losgefahren sind! Unter
den 35 Teams ist auch das einzige BMW-Team: Hans-Joachim Walter/Werner
Lier. Sie sind in Stockholm gestartet, haben bisher über 4300 km zurückgelegt
und liegen jetzt an 14. Stelle in der Wertung. Sie sind, wie alle
anderen, völlig erschöpft ... Aber
das ist noch nicht alles. Haben die Monte-Carlo-Fahrer sonst nur noch
ein Abschlußrennen auf dem Monte-Carlo-Kurs zurückzulegen, so müssen
sie diesmal noch 610 km „Rennen“ fahren. Das würde ein hübscher,
sportlicher Abschluß für die sonst so langweilig gewordene
Monte-Carlo-Fahrt sein, hatten sich die Veranstalter gedacht, aber sie
hatten eben nicht mit den Schneestürmen der Nacht vom 19. auf den 20.
Januar gerechnet! Auch
die 610 km sind in der Nacht zu fahren. Es wird eine Fahrt durch eine
glitzernde, wehende, schneesturmdurchtoste Hölle ... In
dieser Nacht vom 20. Januar fallen von den 35 Teams, die bisher
durchgekommen sind, noch einmal 13 Mannschaften aus. In die Schlußwertung
der 34. Rallye Monte Carlo kommen noch 22 Teams! Darunter liegt, an 10.
Stelle der Gesamtwertung, das BMW-Team Walter/Lier. Sie sind außerdem
Klassensieger - genau wie damals bei der 9. Rallye Monte Carlo das
BMW-Team Rudat/Kecker/Bindert. Das war 1930, vor 35 Jahren. Auch
die „Neue Klasse“ hat ihre Winterprüfung glänzend bestanden! Sebring
wird dagegen eine Enttäuschung. BMW verfügt über ein hervorragendes
Team. Es fahren Pedro Rodriguez, das mexikanische Grand-Prix-As, Bob
Anderson, Hubert Hahne und Dieter Glemser. Sie alle sind für einen Sieg
in den „3 Stunden von Sebring“ gut, die am Vortag des
Sportwagen-Weltmeisterschaftslaufes ausgetragen werden. Aber
schon kurz nach dem Start fängt es an: Hubert Hahne fährt das kürzeste
Rennen seines Lebens - nach 100 m bleibt er stehen. Am Vergaser ist
irgend etwas kaputt. Aus! Er kommt nicht einmal bis zu den Boxen zurück
... Nach
einer Stunde fällt Rodriguez aus, ebenfalls mit
Vergaser-Schwierigkeiten. Nach zwei Stunden ist nur noch Dieter Glemser
im Rennen. Er wird schließlich Dritter. Das ist für ihn ein guter
Platz - so dicht hinter den beiden schnellen Lotus-Cortina von Jim Clark
und Jack Sears. Jim Clark war immerhin 1962 der Automobil-Weltmeister
... Europapokal 1965 Das
erste Rennen für den Europapokal sind die „4 Stunden von Monza“. Im
Training fährt der 2,6-Liter-Alfa-Romeo von Carlo Facetti die
schnellste Zeit: 3.12,2 Minuten. Hahne ist Trainings-Zweiter, braucht
aber über 5 Sekunden mehr für den 10-km-Kurs: 3.17,9 Minuten. Dicht
hinter ihm liegen wieder zwei Alfas, nur knapp 2 Sekunden langsamer als
er. Der BMW ist eben zu schwer, zu kompakt, zu langsam ... Vom
Start kommt Hahne schlecht weg. Er verliert Boden und braucht eine
Runde, bis er Anschluß hat. Dann aber fährt er eine Rekordrunde, und
die Italiener sind von seinem riskanten Fahrstil genauso begeistert wie
im Vorjahr die Deutschen. Er fährt auf Biegen und Brechen! In
der 4. Runde bricht auch etwas, nämlich der Schalthebel. Hahne braucht
über 2 Minuten, bis der Schaden repariert ist, und geht dann hinein in
eine wilde Aufholjagd. Abermals hetzt er wie besessen hinter dem Feld
her, wieder reißt er die Zuschauer mit und fährt er eine neue
Rekordrunde.- 3.16,8 Minuten. Das sind 182,9 km/h Durchschnitt. Wieder
ist es ein Materialfehler, der die Jagd beendet: Es zerreißt das
Gummi-Zwischenstück an der Kardanwelle. Mit schlagendem Kardan kommt
Hahne langsam an die Boxen gerollt. Eine Weile wird herummontiert, dann
schiebt man den Wagen still beiseite ... Hahne
muß zuschauen, wie vorne Whitmore und Taylor mit den schnellen
Lotus-Cortina den Alfa von Facetti jagen. Aber
auch Lotus hat heute kein Glück. Nacheinander fallen alle Wagen aus. Es
wird ein Alfa-Tag. Alfas belegen die ersten sechs Plätze auf ihrer
Hausstrecke! Der nächste Europapokal-Lauf: am Mont Ventoux. Wieder ist
der BMW nicht schnell genug. Hahne wird hinter drei Lotus-Cortina nur
Vierter im Gesamtklassement. Immerhin - in seiner Klasse ist er Sieger.
Er schlägt auch den besten Alfa. Aber es macht ihm keinen rechten Spaß,
„hinterherzufahren“ ... Eine
Woche darauf will er es deshalb den anderen zeigen. Diesmal findet das
Europapokal-Rennen auf „seiner“ Strecke statt - auf dem Nürburgring. Alles
ist vertreten: die Siegerwagen von Monza, zwei Lotus-Cortina, zwei
schnelle Lancia-Flavia, und sogar zwei große „Ford- Mustang“, einer
davon mit dem Deutschen Jochen Neerpasch am Steuer, auch einem
„Ring-Spezialisten“, - und natürlich zwei BMW-Werk-Teams mit Hahne/Glemser
und Willy Mairesse, dem „Targa-Florio“-Sieger, der mit Heinz
Eppelein fährt ... Die
Trainingszeiten sind unwahrscheinlich: Mairesse legt gleich 10.23,3
Minuten vor - auf nicht ganz trockener Bahn. Whitmore unterbietet ihn
anschließend. Er fährt 10.20,7. Neerpasch kommt mit dem Mustang auf
10.39,0; er ist noch „neu“ auf dem schweren Biest. Dann
ist Hahne dran. Er riskiert alles. Wieder einmal fegt er um den Ring, daß
es die Zuschauer mitreißt - und dann hat er eine neue
Trainings-Rekordrunde gefahren. 10.11,8 Minuten! Whitmore
gibt sich noch nicht geschlagen. Er springt in sein Fahrzeug,
holt alles heraus - und
ist mit dem viel leichteren „Cortina“ um eine Sekunde schneller als
Hahne. 10.10,8 Minuten heißt der neue, „inoffizielle“ Rekord ... Auch
die anderen sind nicht gerade langsam. Schick, ein Mercedes-Mann, ist
mit einem „verbesserten“ 300 SE gekommen - und fährt auch eine
„verbesserte“ Zeit damit: 10.14,8 Minuten. Das ist schnell, aber es
zeigt sich, daß es nicht genügt, denn auch Jochen Neerpasch fährt mit
dem Mustang schneller als Schick: Er schafft 10.13,2 ... Vom
Start kommt Hahne, als es ernst wird, nicht gut los. Er geht als
vierter in die Hatzenbach-Kurve, kommt als zweiter aus der 1. Runde zurück
- 200 m hinter dem führenden Mercedes, der einen glänzenden Start
erwischt hat. Hinter ihm liegen Sir John Whitmore, Willy Mairesse, Jacky
Ickx auf Cortina und Jochen Neerpasch. Dann
greift Hahne an. In der 3. Runde liegt er nur noch knapp hinter Schiek -
aber aus der 4. Runde kommt er nicht mehr zurück. Es dauert endlos, bis
man an der BMW-Boxe erfährt, was passiert ist. Zwischen Metzgesfeld und
Kallenhard ist Hahne liegengeblieben! Mitten in voller Fahrt ist ihm das
Hinterrad weggebrochen. Wie durch ein Wunder konnte er den TI auffangen
und vor der Kallenhard-Kurve zum Stehen bringen. Ohne einen Kratzer.
Aber jetzt ist er Zuschauer ... Als
das bekannt wird, holt man Mairesse aus dem Rennen. Man hat keine Lust,
das Leben eines Fahrers aufs Spiel zu setzen! Hier kann nur ein
Materialfehler vorliegen. Das
Rennen ist praktisch zu Ende, als der führende Mercedes ausfällt.
Getriebedefekt. Unangefochten
siegt Sir John Whitmore auf dem Lotus-Cortina. Für BMW sieht es nach
dem „Nürburgring nicht sehr gut aus: Dreimal gestartet, zweimal
ausgefallen - wenn auch beide Male durch Materialfehler, für die BMW
selbst nichts kann; das dritte Mal deutlich zu langsam, dazu die
Schlappe von Sebring ... 1965 scheint kein gutes Jahr für BMW zu
werden. 14
Tage danach steht Hubert Hahne wieder am Start. Erneut ist es ein
Europapokal-Rennen, diesmal die Coupe de Terlaemen in Zolder in
Nordbelgien. Wieder
fährt Hahne gegen Sir John Whitmore - und ist langsamer. Er fährt, was
nur 'rausgeht! Diesmal hält der BMW auch durch, aber am Ziel liegt
Hahne 20 Sekunden hinter Sir John. Er hat zwar seine Klasse gewonnen,
ist im Gesamtergebnis jedoch nur Dritter geworden - 19 Sekunden hinter
einem anderen Cortina und nur 4 Zehntelsekunden vor dem jungen Belgier
Jacky Ickx auf dem dritten Cortina, vor dem er sich gerade noch um Meter
über die Ziellinie gerettet hat. Eine
Woche später versucht Hahne es noch einmal. Die „12 Stunden von
Snetterton“ sind zwar vom Veranstalter auf 500 km verkürzt worden,
aber diesmal ist die Konkurrenz noch schwerer als in Zolder. Neben
den schnellen Cortinas sind es die neuen Alfa „GTA“, die mit enorm
schnellen Trainingszeiten imponieren. Sie sind 2 Sekunden schneller pro
Runde als die Cortinas, fast 5 Sekunden schneller als die BMW. Das
Rennen ist merkwürdig und wird dramatisch. Der Start ist in Snetterton
auf 18 Uhr angesetzt, so daß zwei Drittel der Distanz bei Nacht zurückgelegt
werden müssen. Die Elektroausrüstung spielt eine entscheidende Rolle!
Die schnellen Alfas sind da nicht besonders gut, und der beste
Alfa-Mann, Bussinello, verliert immer wieder seine Position, als er
wegen Beleuchtungsdefekten an die Boxen muß. Auch
Sir John muß außerplanmäßig an die Boxen, als ein Defekt am
Hinterrad seines Wagens auftritt, aber er ist schnell wieder auf der
Piste. Hahne
versucht alles, was er kann, doch er kann weder den Alfa halten - noch
Sir John. Dabei läuft sein BMW störungsfrei, und das glänzende
BMW-Team erledigt Tanken und Reifenwechsel in der halben Zeit wie die
Konkurrenten. Das hilft alles nichts. Nach 500 km hat Hahne zwei Runden
Rückstand auf Whitmore und Bussinello, gefolgt von Glemser auf dem
zweiten BMW, der eineinhalb Minuten hinter Hahne liegt. Die
„1800 Tl“ sind auf leichten Rundstrecken einfach zu langsam! Deshalb
fährt BMW in Karlskoga in Schweden erst gar nicht mit:. Sir John
Whitmore ist der Europapokal-Sieg nicht mehr zu nehmen. Hahne kann ihn
keinesfalls einholen, auch wenn er alle noch ausstehenden Rennen
gewinnt. Deshalb
konzentriert sich BMW lieber auf die anderen internationalen Rennen, die
1965 nicht zum Europapokal gehören: die 24 Stunden von Spa und die 5
Runden vorn Nürburgring ... In
Spa heißt das Duell: Alfa gegen BMW! Zwar hat BMW mit Hahne/Mairesse,
Munaron/Eppelein und Ickx/Langlois gleich drei hervorragende Teams
mitgebracht, aber der italienische Meisterschaftsanwärter Pinto fährt
ein hervorragendes Rennen, ebenso wie sein Partner Galimberti: Von der
2. Runde an liegen sie an 1. Stelle, und nach drei Stunden führen die
Italiener immer noch. Dann drehen Hahne/Mairesse voll auf und übernehmen
nach 4 Stunden die Führung, doch die beiden Fahrer müssen alles aus
ihrem Wagen herausholen, um mit dem Alfa mitzuhalten. Nach
8 Stunden befindet sich der Hahne/Mairesse-BMW immernoch in Führung.
Nur 1,33 Minuten liegt er vor dem weißen Alfa. Das ist nicht viel für
die 16 Stunden, die noch zu fahren sind! Kurz
nach 1 Uhr morgens hat der Alfa die Nase wieder vorne, wird aber von
Hahne gejagt, bis er ausfällt. Der Alfa muß an die Box und kommt erst
nach 13 Minuten wieder auf die Piste. Dann ist es bald vorbei: Wieder muß
Galimberti an die Boxen, diesmal endgültig. Das Rennen scheint
gelaufen. Aber - ein Rennen ist immer erst nach dem Abwinken zu Ende. - Um
10.30 Uhr morgens geht Hahne an die Boxen. Es ist nur ein Routinestopp.
Er liegt uneinholbar mit 3 Runden Vorsprung vor dem zweiten BMW und
einem anderen Alfa vorne. Als
Mairesse starten will, dreht der Anlasser durch ... Er kommt zwar noch
ins Rennen, aber nach einer halben Stunde ist es für Hahne/Mairesse
wirklich vorbei. Als Mairesse etwas an der Box nachsehen lassen will,
kann er nicht mehr starten. Um
11 Uhr wird der BMW zur Seite geschoben - mit kerngesundem Motor, weit
in Führung liegend. Ein Anlasserdefekt nach 19 Stunden ... Allerdings
gewinnt doch noch ein BMW, der dritte, der von Pasqual Ickx, dem Bruder
von Jacky, sehr schonend zu Ende gefahren wird. Dahinter liegt auf dem
2. Platz ein Alfa. Wieder
haben die beiden schnellen Werks-BMW nicht durchgehalten. Materialfehler
hin, Materialfehler her - sie sind zu langsam! Eine
Woche darauf versucht Hubert Hahne, das Unmögliche doch noch möglich
zu machen. Eine Stunde nach dem Schluß vom Großen Preis von
Deutschland am Nürburgring, den Jim Clark gewinnt, steht er am Start
zum 5-Runden-Tourenwagenrennen. Diesmal geht Hahne sofort an die Spitze
und fährt ein spektakuläres Rennen, das die Zuschauer mehr begeistert
als der ziemlich langweilige Grand Prix vorher: Er steht „quer“ -
diesmal vom Anfang bis zum Ende - und er fährt eine Rekordrunde nach
der anderen! In der 3. Runde bricht er Whitmores Rekord. Er fährt
10.16,0 Minuten. In der 4. Runde steigert er sich auf 10.14,8 Minuten,
und die 5. Runde legt er in 10.12,2 zurück - das sind 134,2 km/h
Schnitt ... Gleich
darauf fällt er aus allen Wolken: Man zweifelt seine Zeit an! Man
bezweifelt nicht die Uhren, sondern zweifelt daran, daß der BMW 1800 TI
dem Tourenwagen-Reglement entspricht! Zusammen
mit den anderen beiden Wagen, die sehr schnelle Zeiten erzielt haben,
mit dem Siegerwagen der 1000-ccm-Klasse, einem FIAT-Abarth-Corsa des Düsseldorfer
Fahrers Erich Bitter, und dem „700“-BMW des Braunschweigers Eckhard
Spelsberg, wird der 1800 TI von den Sportkommissaren sichergestellt. Bei
BMW trägt man diese Sache mit Fassung. Für den Wagen Hahnes ist das
Werk seiner Sache völlig sicher. Was mit dem privaten „700“ gemacht
worden ist, weiß natürlich niemand ... Am
nächsten Tag muß sich die Rennleitung des „AvD“ bei BMW und bei
den Privatfahrern entschuldigen. Die technischen Kommissare haben
keinerlei Abweichungen vom Tourenwagen-Reglement feststellen können!
Die offizielle Bekanntmachung lautet: „Die untersuchten Tourenwagen,
der 1800 TI des Tourenwagen-Gesamtsiegers Hubert Hahne, der FIAT-Abarth
1000 des Klassensiegers der 1000-ccm-Klasse Erich Bitter und der „700
BMW“ des Klassensiegers Eckhard Spelsberg entsprechen in allen
Bauteilen den Angaben des Testblattes und weisen keine Veränderungen
auf, die nach dem Sportgesetz nicht zulässig wären.“ Jetzt
freut man sich bei BMW natürlich doppelt. Damit ist die Ordnungsmäßigkeit
des schnellen TI sozusagen „amtlich“ festgestellt, obwohl er -
abgesehen von Hahnes Fahrkunst am „Ring“ - in Wirklichkeit gar nicht
mehr so schnell ist. Das zeigt sich bald darauf im nächsten
„Europapokal-Rennen“ in Sainte-Ursanne in der Schweiz. Wieder
ist Hahne mit dem 1800 TI am Start. Obwohl er auf Biegen und Brechen fährt
und das Letzte aus dem BMW herausholt, ist er oben fast 8 Sekunden
langsamer als Sir John Whitmore, der damit endgültig
„Tourenwagen-Europameister 1965“ geworden ist ... Noch
deutlicher zeigt es sich Ende August auf dem schnellen Dünenkurs von
Zandvoort dicht an der holländischen Küste, wo das letzte
Europapokal-Rennen des Jahres ausgetragen wird. Noch einmal ist Hubert
Hahne am Start, obwohl der Pokal ja schon entschieden ist, und obgleich
er weiß, daß er gegen die schnellen Alfas und Lotus-Cortinas nichts zu
gewinnen hat. Hubert Hahne fährt ja aus Spaß am Fahren! Zandvoort
1965 wird durch ihn und Jacky Ickx ein Rennen, das keiner der Zuschauer
jemals vergißt. - Der Höhepunkt der „Zandvoort Trophy“ ist diesmal
nicht der Kampf um den 1. Platz - obwohl es auch da eine Zeitlang
zwischen Sir John Whitmore und Peter Procter auf Lotus und Bussinello
und Slotemaker auf Alfa Romeo ziemlich knapp zugeht ... Was
die Zuschauer von ihren Sitzen hochreißt, das ist das Privatrennen
zwischen Hahne und dem jungen Belgier um den 5. Platz. Überholmanöver
leisten sich die beiden Kampfhähne durch 18 der 22 Runden des Rennens!
Sie fahren Rad an Rad, sie überholen sich vier-, fünfmal in einer
Runde, sie touchieren. Einmal dreht sich Hahne, der Wagen fängt an zu
tanzen, hebt sich auf zwei Räder - dann hat ihn Hahne wieder in der
Gewalt. Er fährt hinter seinem Gegner her, holt ihn nach zwei, drei
Minuten ein, und wieder beginnt das Spiel, das die Zuschauer von den
Sitzen reißt. Die
Sportkommissare wissen nicht mehr, was sie tun sollen. So etwas haben
sie noch nicht erlebt - obwohl hier in Zandvoort sehr oft hart gefahren
wird. Sie überlegen, ob sie den beiden Kampfhähnen die schwarze Flagge
zeigen sollen, ob sie sie aus dem Rennen herauswinken sollen. Aber dann
lassen sie es doch bleiben. Das, was die beiden da treiben, ist kein
„Kampf auf Leben und Tod“, sondern eine vergnügte, verrückte,
eigensinnige Balgerei von zwei Meisterfahrern, etwas, was sie wohl alle
nur einmal im Leben sehen werden! In
der 18. Runde ist die Balgerei zu Ende. Der „Cortina“ bleibt stehen;
die Vorderradaufhängung des leichten Wagens hat die Jagd nicht
ausgehalten. Hahne
fährt weiter, einem sicheren 5. Platz entgegen. Aber als er in der nächsten
Runde an seinem Freund vorbeikommt, kann er es nicht lassen: auf
Zentimeter genau fährt er an Jacky Ickx heran, der etwas traurig mit
dem Sturzhelm in der Hand die Piste entlanggeht - und berührt den
Sturzhelm ganz leicht mit der Wagenseite ... Wie gestochen springt Jacky
zur Seite. Dann muß er lachen. So genau fahren eben nur er - und sein
Freund Hubert Hahne. Nach
dem Rennen sind sich Hahne und die BMW-Leute darüber einig, daß man
mit dem „1800 Tl“ keine Chancen mehr hat ... Insgesamt
war das Rennjahr 1965 nicht ganz so erfolgreich wie 1964. Zwar ist
Hahne, noch vor dem Alfa-Romeo-As Andrea de Adamich, in der
Europapokal-Wertung immer noch Vierter, und auch in diesem Jahr haben
eine Reihe anderer TI-Fahrer von sich reden gemacht, wie der neue Star
Josef Schnitzer, Prinz Hubert zu Hohenlohe, Jürgen Grähser und Klaus
Miersch, zwar hat der „700“ noch einmal in unzähligen Rennen
bewiesen, was er wert ist, aber die anderen sind schneller geworden!
Immer mehr Geld wird in die Tourenwagen gesteckt, immer mehr Firmen
wollen in den unbarmherzigen Prüfungen der Rennen zeigen, was ihre
Familienkutschen wirklich wert sind, darunter Giganten wie Ford in
Amerika ... Noch
steht BMW im deutschen Tourenwagensport an der Spitze, aber
international ist ein kleiner Rückschlag eingetreten. In
der Motorrad-Seitenwagen-Klasse haben diesmal Deubel/ Hörner ihre
Weltmeisterschaft nicht verteidigen können. Den Kampf um ihre 5.
Weltmeisterschaft hintereinander haben sie knapp - an das
schweizerisch/britische Team Scheidegger/ Robinson verloren. Überflüssig,
zu erwähnen, daß die neuen Weltmeister eine BMW fahren ... Anfang
1966 ist BMW fieberhaft bei der Arbeit. Möglichst rasch soll der
„Neue“ fertig werden, der „2000 TI“. Er sieht genauso aus wie
der „1800 TI“, ist aber um 200 ccm größer, um einige 20 oder 30 PS
stärker und schneller. Wenn er auf den Rennpisten erscheint, hat BMW
wieder eine Chance, obwohl für dieses Jahr die
Europapokal-Ausschreibung geändert worden ist: 1966 müssen die BMW in
der Klasse über 1600 gegen die ganz Großen fahren, also auch gegen die
Mercedes und Ford-Mustang, die ganz schnellen Brummer. Beim
ersten Europapokal-Rennen 1966 in Monza ist BMW noch nicht dabei. Der
„2000 Tl“ ist noch nicht fertig. Und wenn er „fertig“ ist, muß
er ja erst einmal „homologiert“ werden, d. h., es müssen von dem
Typ mindestens 500 Exemplare gebaut sein, und dieser Typ muß dann mit
allen Einzelheiten verbindlich der „FIA“ eingereicht werden. Erst
wenn die hohen Herren von der Fédération Internationale Automobile ihn
freigegeben haben, kann er in Rennen starten ... Das
Rennen von Monza wird diesmal nicht sehr interessant, da auch die „Lotus-Cortina“
fehlen. Bei ihnen ist der neue Typ ebenfalls noch nicht ganz fertig ... De
Adamich/Zeccoli auf Alfa Romeo GTA gewinnen in neuer Rekordzeit. Sie
fahren eine schnellste Runde von 191,18 km/h, fast 9 km/h schneller als
Hahne letztes Jahr bei seiner Rekordrunde ... Auch
zum nächsten Europapokal-Wertungslauf in Wien ist BMW noch nicht so
weit. Aber Hubert Hahne fährt mit - auf einem „Lotus-Cortina“. Nein,
Hahne ist BMW nicht untreu geworden. Aber eine Woche vor dem Rennen in
Wien ruft Sir John Whitmore ihn an - am Nürburgring, wo er gerade den
„Neuen“ testet. „Hallo,
Hubert, hättest du Lust, in Wien mal einen Lotus zu fahren? Jimmy Clark
sollte fahren, kann aber nicht. Er ist immer noch verletzt“, sagt Sir
John. „Lust
hätte ich schon“, sagt Hahne, „es fragt sich nur, ob Hahnemann auch
Lust hat?“ Er
hängt ein, ruft in München an, und der BMW-Gewaltige hat tatsächlich
nichts dagegen. „Warum nicht?“ sagt Hahnemann, sportlich, wie er nun
mal ist. „Wenn Sie möchten ... Schließlich sind es doch unsere
Freunde.“ Dann läßt er sich die Geschichte von Jim Clarks Verletzung
genauer erzählen: Anfang
1966 wurden die zwanzig erfolgreichsten „Ford-Cortina“-Fahrer nach
Cortina d'Ampezzo eingeladen - dem Olympiaort in Italien, der dem
„Cortina“ seinen Namen gegeben hat. Unter
den zwanzig Fahrern war auch Jim Clark. Neben seinem
Grand-Prix-Weltmeistertitel, dem zweiten hintereinander und dem dritten
überhaupt, hatte er 1965 nämlich „so nebenbei“ noch einen Titel
herausgefahren: den eines Britischen Tourenwagen-Meisters 1965 - auf dem
„Cortina“ ... Die
zwanzig Rennfahrer balgten sich im Schnee herum und trieben dummes Zeug
- bis Jimmy Clark auf eine überwältigende Idee kam: Er fuhr mit einem
„Cortina“ zum Start der Olympia-Bobbahn - und die Bobbahn hinunter!
Mit dem Auto! Es ging gut, und weil es so gut ging, wiederholte er sein
Meisterstück fünf-, sechsmal. Anschließend
veranstalteten die anderen für den Weltmeister eine kleine
Schneeballschlacht. Irgendwie mußten sie doch „Jimmys Bobrennen“
gebührend feiern. Und
dabei passierte es: Jimmy Clark, der dreifache Automobil-Weltmeister,
der Mann, der hundert Rennschlachten heil überstanden hat, rutschte aus
und setzte sich hart hin. Als er aufstehen wollte, konnte er es nicht.
Er hatte sich das Steißbein angebrochen, ein paar Rippen geprellt und
war vorläufig außer Gefecht ... Natürlich
mußte er obendrein den Spott seiner Kameraden ertragen ... So
fährt also Hubert Hahne auf „Lotus-Cortina“. Nach ein paar Runden
ist er auf dem „Cortina“ fast zu Hause, und er fährt auch gleich
eine Trainingsbestzeit heraus. Dann
beginnt das Rennen. Wieder ist Hahne gleich vorne, doch dann kommt er in
einer Kurve mit der ungewohnten Rechtslenkung nicht ganz zurecht,
verschaltet sich - und im Nu haben ihn fünf, sechs Wagen überholt,
darunter auch der junge Österreicher Dieter Quester mit Hahnes
„altem“ 1800 TI ... Nun
zeigt Hahne, was er kann. Er jagt hinter der Spitzengruppe her und überholt
ein paar Konkurrenten - um dann in der 18. Runde auszufallen.
Getriebedefekt! Das
Rennen gewinnt Sir John vor de Adamich. Quester wird Dritter - weit
abgeschlagen ... Als
am 18. Mai in Zolder das dritte Europapokal-Rennen statt- findet, ist
der „2000 Tl“ zwar fertig, aber noch nicht homologiert. Wieder
gewinnt Sir John auf dem „Cortina“. Er hat jetzt schon zwei Siege
aufzuweisen, de Adamich einen Sieg und einen 2. Platz. BMW
verkündet nach dem Rennen, daß der Kampf um die Europapokal-Wertung
noch aufgenommen werden soll; beim nächsten Rennen, am 3. Juli am Nürburgring,
wird BMW an Start sein. Die
6 Stunden vom „Nürburgring“ werden für BMW eine Enttäuschung ... Im
Training ist Hahne sehr schnell. Er bleibt nur knapp über der
10-Minuten-Grenze. Aber de Adamich auf dem Alfa und Sir John Whitmore
auf dem Cortina sind fast noch schneller. Dazu ergeben sich sofort
Reifenprobleme- der „2000 Tl“ ist zwar sehr schnell, aber er ist
auch recht schwer. Er wiegt über 300 kg mehr als der Lotus oder der
Alfa! Er ist eben ein „echterer“ Tourenwagen als die beiden
verkappten Rennsportwagen ... 82
Wagen stehen am Start und gehen auf die 6-Stunden-Reise. Aus der 1.
Runde kommt Hahne als erster zurück, dicht gefolgt von Sir John und
Andrea de Adamich. Dahinter erscheinen Jacky Ickx auf dem zweiten
Werks-Lotus und Dieter Glemser auf dem zweiten BMW ... In
der 2. Runde läßt Hahne de Adamich vorbei, in der 3. Runde auch Sir
John. Er muß seine Reifen schonen, und das Rennen dauert ja schließlich
sechs Stunden. Daß er schneller sein kann als die bei- den, hat er in
der 1. Runde bewiesen, als er de Adamich überholte und dem Lotus
davonzog. In
der 4. Runde fällt überraschend Sir John aus. An seinem Cortina bricht
das Hinterrad ab. Eine Runde später passiert Jacky Ickx das gleiche
Malheur. Beide können ihre Wagen zum Stehen bringen, aber für
Lotus-Cortina ist das Rennen zu Ende. In
der 6. Runde führt immer noch de Adamich auf dem Alfa. Hinter ihm fährt
Hahne „auf Warten", dahinter liegt der zweite BMW mit Dieter
Glemser. Nach
der 11. Runde wechseln die Fahrer. Für Hahne nimmt Willy Mairesse das
Steuer, für Glemser sein Partner Toni Fischhaber. An Stelle von de
Adamich fährt jetzt Zeccoli den Alfa. Mairesse
fährt ausgezeichnet, er bringt den BMW näher an den Alfa heran, da
Zeccoli bei weitem nicht so gut ist wie sein Partner, und nach der 22.
Runde, als Hahne wieder den BMW übernimmt, liegen sie nur Sekunden
hinter dem Spitzen-Alfa. Hahne
legt los und fährt eine neue Rekordrunde mit 10.10,0 Minuten. Plötzlich
passiert es... Die
25. Runde fährt Hahne noch schneller. Er fegt die „Wehrseifen"
hinunter, daß die Zuschauer aufschreien, gerät so dicht an die Hecke,
daß es ihm den Rückspiegel verbiegt, berührt unten an der „Breitscheid“-Brücke
mit dem Heck die Betonmauer - und geht mit vollem Zahn in die
Rechtskurve. Er schaltet und gibt Vollgas. Unwillkürlich lehnt sich
Hahne nach links, als er in die schnelle Linkskurve vor dem
„Bergwerk“ geht, und auf einmal macht der Wagen einen Satz nach
rechts. Hahne versucht ihn auf- zufangen. Er umklammert das Lenkrad so
fest, daß es sich verbiegt ... Vergebens! Der BMW schießt weiter auf
die Böschung zu und ist rechts vorne wie blockiert. Da kommt schon die
Hecke, dahinter geht es vier, fünf Meter hinunter! Blitzschnell
schaltet Hahne zurück, das Getriebe kreischt auf, blockiert, der Wagen
stellt sich quer, dreht sich, rutscht querstehend auf die gegenüberliegende
Böschung zu, dreht sich noch einmal - und kommt ganz knapp vor der
Hecke zum Stehen. Hahne steigt aus, und dann wird er blaß ... In
voller Fahrt ist das rechte Vorderrad weggebrochen und davongeflogen!
Ein Wunder, daß das nicht zu einem schweren Unfall geführt hat. Hahne
montiert blitzschnell das Reserverad und fährt langsam zu den Boxen zurück.
Dort erfährt er, daß es aus ist: Die ganze Vorderachse hat sich
verzogen! Unmöglich, den Wagen während des Rennens zu reparieren. Es
ist aus ... Das
Rennen gewinnt ungefährdet de Adamich auf dem „Alfa“, Zweite
werden, eine Runde zurück, Glemser/Fischhaber auf dem anderen „2000
TI“. Hahne
ist enttäuscht. jetzt hat de Adarnich auch zwei Siege aufzuweisen,
genau wie Sir John. Und er selber ist noch ohne Punkte - nach der Hälfte
des Europapokals. Zu
allem Überfluß hat ihm de Adamich auch noch den Nürburgring-Rundenrekord
abgenommen. In der 34. Runde fuhr er eine neue Rekordzeit mit 10.08,9
Minuten. Das sind 134,8 km/h. Sofern BMW in Spa wieder Pech hat, ist es
für 1966 praktisch aus ... Die
„24 Stunden von Spa“ sehen ein neues BMW-Team am Start: Hubert Hahne
und Jacky Ickx. Nach dem „Kamikaze-Rennen von Zandvoort“ hat sich nämlich
Walter Schlüter, Europameister und Tourenwagen-Betreuer von BMW,
gesagt: Die beiden dürfen einfach nicht gegeneinander starten. Das gibt
einmal eine Katastrophe! Also muß man sie auf einen Wagen setzen. Schon
im Training zeigt sich, daß es diesmal heiße Kämpfe geben wird. Der
Hahne-Ickx-BMW ist zwar am schnellsten, aber nur Sekundenbruchteile vor
dem „Ford-Mustang“ von Gautot/Tuerlinckx und dem Alfa Romeo GTA von
Baghetti/Bianchi. Auch bei Alfa hat man sich einen Grand-Prix-Fahrer als
Pilot Nummer 1 geholt. Dahinter
kommt der zweite BMW mit Glemser/Mairesse, dann fünf, sechs Alfas -
alle nur um Sekunden auseinander. Den
aufregenden „Le-Mans-Start“, ein lebensgefährliches Unterfangen auf
der abfallenden, engen belgischen Rennstrecke, gewinnt Hubert Hahne. Als
erster fährt er auf das Steilstück hinter Start und Ziel, gut 50 m vor
dem roten Alfa von Baghetti. Als die Wagen aus der 1. Runde zurückkehren,
liegt jedoch der Mustang an der Spitze der 55 Teams ... Nach
10 Runden geht ein Alfa an dem Mustang vorbei, die Nummer 29 mit Rinto/Demoulin.
Dahinter liegen zwei, drei Alfas, dann erst die Nummer 17 mit Hahne/Ickx
... Nach
4 Stunden liegt der BMW vorne. Natürlich hat es wieder Ausfälle
gegeben; das Tempo der Spitze ist zu scharf. In den ersten Stunden
werden über 175 km/h Schnitt gefahren. Es gibt auch wieder Unfälle,
zum Glück aber bis jetzt keine schweren ...
Kurz
vor Morgengrauen fallen nacheinander Baghetti/ Bianchi und de Adamich/Zeccoli
aus. Jetzt liegen Glemser/Mairesse an 3. Stelle. Der Ford-Mustang muß
immer häufiger zur Boxe, fährt jeweils nach ein paar Sekunden wieder
weiter, aber alle Aufholarbeit nützt nichts; der stärkste und
schnellste Wagen des Feldes liegt weit abgeschlagen an 6. Stelle. Als
der Tag anbricht, sind nur noch 30 Wagen im Rennen. jetzt gibt es einen
aufregenden Zwischenfall. Der
führende Wagen, der Hahne/lckx-BMW, kommt an die Boxen. Routinewechsel.
Hubert Hahne löst Jacky Ickx ab. Er hört, was ihm sein Freund über
die letzten zwei Stunden berichtet. Plötzlich bückt er sich und sieht
genauer hin: Dicht neben dem Ansatzstutzen des Kühlers perlen kleine
Wasserdampfbläschen heraus. Da stimmt doch was nicht! Falkenhausen
kommt dazu, die Monteure beugen sich über den Motor. Tatsächlich! Der
Kühleransatz ist gebrochen und kann jeden Augenblick ganz abbrechen!
Dann ist es aus. Deshalb also haben sie so viel Kühlwasser nachfüllen
müssen. „Es
hilft nichts, wir müssen den Kühler ausbauen!“ ruft der
Chef-Mechaniker Falkenhausen zu. Hahne denkt blitzschnell nach. Jetzt
mit dem Bauen anfangen? Mit kochendheißem Kühler, ganz unvorbereitet? Das kostet zuviel Zeit. Das bedeutet, daß das Rennen verloren
ist! „Nein“,
ruft er. „Ich fahre ein paar Runden. Erst wenn alles soweit ist, holt ihr
mich herein. Macht aber inzwischen Wasser heiß, damit ich dann
sofort voll losfahren kann!“ Er
springt hinein und fährt los. Drei, vier Runden fährt er - nicht zu
schnell, nur so, daß er nicht allzuviel verliert. Er hat ja über eine
Runde Vorsprung vor Glemser/ Mairesse, ebensoviel vor dem Alfa - er kann
sich also etwas leisten. Aber nur „etwas“!
Nach
4 Minuten und 43 Sekunden geht Hahne wieder auf die Piste! Er hat genau
eine Runde verloren. Jetzt liegt er nur mehr an 2. Stelle, knapp hinter
dem Glemser/Mairesse-BMW. Und
dicht hinter ihm kommt die Nummer 29, das Alfa-Coupé von Pinto/Demoulin
... Nun
ist Hubert Hahne nicht mehr zu halten. Er fegt ein paarmal um den Kurs,
daß die übermüdeten Zuschauer plötzlich munter werden! Wieder einmal
steht er in jeder Kurve „quer“. Er fährt jetzt, 14 Stunden nach
Rennbeginn, beinahe Rekordrunden - und kann eine Stunde später seinem
Freund das Steuer mit einem beruhigenden Vorsprung von über einer
Minute abgeben. Das
ist aber auch bitter nötig. Inzwischen ist der Glemser/Mairesse-BMW
ausgefallen - wegen Motorüberhitzung. Vermutlich ist ihnen das gleiche
passiert, nur hat es keiner rechtzeitig bemerkt. Nach
24 Stunden haben Hahne/Ickx einen ganz überlegenen Sieg herausgefahren. Sie
haben auch eine neue Rekorddistanz zurückgelegt: 4048 km für die 24
Stunden. Der erste Tourenwagen über 4000 Kilometer - und vorläufig
auch der einzige! Pinto/Demoulin haben „nur“ 3988 km zurückgelegt
... Jetzt
haben Hahne und BMW auch eine Siegwertung im Europapokal aufzuweisen.
Sie liegen nicht mehr ganz aussichtslos im Rennen ... Schon
eine Woche darauf ist der nächste Wertungslauf, die „500 Kilometer
von Snetterton“. Diesmal
ist die Konkurrenz noch härter! Lotus-Cortina hat zwei
Grand-Prix-Fahrer dazugeholt, Jochen Rindt, der in der
Weltmeisterschafts-Wertung an 2. Stelle liegt, und Jackie Stewart. Der
Österreicher fährt anfänglich auch tatsächlich ein
„Grand-Prix-Rennen“. Sofort geht er an die Spitze, verfolgt von de
Adamich und Hahne. Dann erst kommt Sir John Whitmore, der mit der
regennassen Piste Schwierigkeiten hat. Nach
einer Stunde führt de Adamich, als Jochen Rindts Cortina seinen Geist
aufgibt. Das „Grand-Prix-Tempo“ war ihm offensichtlich zuviel ... De
Adamich ist auch nicht von der Spitze zu verdrängen, als Hahne
angreift. Der Alfa liegt noch etwas besser als der BMW. Er ist auch viel
leichter und ist, wie gesagt, eigentlich eher ein „Gran-Tourismo-Coupé“.
Er erfüllt eben die Bedingungen der Tourenwagen-Klasse, ohne ein
richtiger Tourenwagen zu sein ... Am
Schluß des Rennens liegt de Adarnich unverändert vorne, aber dahinter
folgt, noch nicht einmal 2½ Minuten zurück, Hubert Hahne. Dritter ist
wieder ein BMW: Dieter Glemser, eine Runde zurück. Erst drei Runden später
kommt Jackie Stewart ans Ziel - mit dem ersten Lotus-Cortina. BMW
hat überlegen den Klassensieg errungen ... Damit haben Hahne und BMW
zwei Siege aufzuweisen - gegen die drei von de Adamich und Sir John. In
den noch ausstehenden zwei Europapokal-Rennen kann noch eine ganze Menge
geschehen. Der „2000 TI“ scheint jedenfalls „fertig“ zu sein ... Vor
dem nächsten „Europapokal"-Rennen hat der 2000 TI Gelegenheit zu
zeigen, wie schnell er wirklich ist. Am
6. August startet Hahne bei der AvD-Trophäe, dem
5-Runden-Tourenwagen-Rennen am Nürburgring am Vortag des Großen
Preises von Deutschland für Rennwagen ... Eigentlich
startet Hahne an diesem Wochenende gleich zweimal: in der AvD-Trophäe für
Tourenwagen am Samstag und beim Grand Prix am Sonntag. Sein Freund Jacky
Ickx hat sich für die „24 Stunden von Spa“ revanchiert und hat
Hahne einen Matra-Cosworth-Formel-II-Rennwagen reserviert. Es ist
allerdings kein reines Vergnügen, mit einem 1-Liter-Wagen im Rennen der
3-Liter- Boliden mitzufahren. Das
Tourenwagen-Rennen ist nicht so stark besetzt. Der Lauf zählt ja nur für
die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft. Immerhin ist Herbert Schultze am
Start. Er ist mit einem der schnellen Alfa-GTA erster Anwärter auf den
Titel eines Deutschen Tourenwagen-Meisters 1966. Außerdem sind noch ein
paar schnelle Alfa da und der 2000 TI von Josef Schnitzer aus
Freilassing. Traumrunde
auf dem Nürburgring Vom
Start weg geht Hahne in Führung. Er fährt die Startrunde schon in
10.10,4 Minuten - nur eineinhalb Sekunden über de Adamichs Rekordzeit. Schon
in der nächsten Runde stellt Hahne einen neuen Rundenrekord auf.
10.02,0 Minuten! Die Zuschauer jubeln ihm zu, als er querstehend durch
die Kurven geht, aber dann wird ihre Freude an dem Rundenrekord des
Rheinländers gedämpft, denn Herbert Schultze aus Berlin fährt um 2
Zehntelsekunden schneller. Er stellt den Rundenrekord auf 10.01,8
Minuten! In
der 3. Runde wird Hahne noch schneller. Er geht voll driftend in die Südkurve,
fährt die Gegengerade genau an, rast schneller als jeder andere die
Gegengerade entlang und fährt die Kurven des „Hatzenbachs“ optimal
durch. Dann jagt er über die Brücke und den Sprunghügel zum
„Flugplatz“ hinauf. Hier stellt sich das Schütteln wieder ein, das
ekelhafte Rütteln in der Steuerung, das ihm schon seit der 1. Runde zu
schaffen macht. Er hält das Steuer noch fester, geht auf 200, 210, 220
km/h. Das Rütteln hört nicht auf, aber es wird auch nicht schlimmer.
Da vorn kommt die leichte Linkskurve. Der Wagen will ausbrechen. Hahne
zieht ihn nach innen, behält ihn unter Kontrolle, bremst dann an, am
„Schwedenkreuz“ vorbei, auf „Aremberg“ zu. Jetzt folgt die
endlose Rechtskurve. Vollgas, schalten, dann mit allem, was drin ist,
die „Fuchsröhre“ hinunter. 150, 180, 200 km/h! Der Wagen will im
Knick unten in die Knie gehen, kommt wieder hoch, springt auf die
Links-Rechts-Kurve zu ... Hahne
schaltet und zwingt den BMW in die Links-Rechts-Kombination oben am
„Adenauer Forst“. Dann wieder „volle Pulle rein“, schalten, mit
„allem“ aufs „Metzgesfeld“ zu. Da ist die Linkskurve, wo ihm im
vorigen Jahr das Hinterrad abbrach. Jetzt anbremsen! Der Wagen steht
quer, als er durch die Rechtskurve in die „Wehrseifen“ hineingeht,
wieder beschleunigt, links-rechts-links durch die „Wehrseifen“
hinuntersägt. Mit einer Seite rauscht Hahne voll in die Hecke - an der
berüchtigten Linkskurve. Dann wieder voll drauf, bremsen. Es folgt die
Linkskurve vor „Breidscheid“, wo er einmal mit dem „Abarth“
hinausgeflogen ist. Jetzt fährt er voll rein, über die Brücke und die
steile Rechtskurve hinauf. Schalten, ganz schnell wieder schalten ...
Jetzt
muß der BMW alles hergeben, was in ihm steckt, aber heute steckt nicht allzu viel in ihm! Jetzt kommt die
schnelle Links-Rechts-Kombination am „Kesselchen“. Durch, voll auf
die Kurve an der „Poststraße“ zu. Der TI driftet, halb querstehend,
durch die lange Kurve. Die kurze, schnelle Anfahrt zum „Karussell“
folgt. Jetzt geht's ins Karussell hinein. Schalten, voll durch - raus.
Dann wieder schalten, Vollgas, schalten, hinauf durch die S-Kurve zur
„Hohen Acht“. Achtung:
nicht zu weit links in der langen Rechtskurve oben! Dann Gas, voll
hinein in den „Wippermann“, verhalten durch die „Eschbach“-Kurven.
Links, rechts querstehend jagt der TI durch die unübersichtlichen
Kurvenkombinationen. Leicht abfallend geht es jetzt zum „Brünnchen“
hinunter. Der Wagen springt über die Kante hinaus und setzt erst fast
ganz unten vor der Brücke auf. Hahne zwingt ihn durch die steil
ansteigende Rechtskurve. Schalten, dann in schnellem „Drift“ durch
die seifige, ekelhafte Linkskurve, jetzt Vollgas, mit allem Dampf
geradeaus durch die schnellen Kurven am „Pflanzgarten“, wo es Peter
Collins damals erwischt hat. Hahne
stellt den Wagen leicht schräg, als er in die schnelle Kurve am Ausgang
des Pflanzgartens hineindriftet. - Vollgas! Durch die Kurven am Ausgang
des Pflanzgartens geht er voll durch. Jetzt ist wieder das Rütteln da!
Hinaus aus dem Wald ... Da
vorne stehen schon die Menschen am „Schwalbenschwanz“. Mit vollem
Zahn geht Hahne durch die Brückenkurve vor dem Schwalbenschwanz,
schaltet, stellt den Wagen schräg „an“, als er in die erste der
beiden Linkskurven geht. Er berührt fast den Zaun, driftet dann in die
überhöhte Kurve hinein. Die Zuschauer schreien auf ... Er
ist durch und jagt jetzt zum „Galgenkopf“ hinauf, durch die endlos
lange Rechtskurve hinunter. Dann ist er auf der langen Geraden zu Start
und Ziel. 190, 200, 220 km/h ... jetzt rüttelt die Steuerung wieder wie
toll. Hahne umspannt das Steuer mit aller Kraft. Er schwitzt, so schlimm
ist das ekelhafte Rütteln! „Antoniusbuche“,
hinauf zum „Tiergarten“. Da vorne ist schon der „Dunlop“-Turm,
links die Tribünen. Hahne gibt Vollgas, jagt an den Tribünen vorbei
und hört nicht, wie die Menschen aufschreien. Er überholt einen
„Kleinen“, der die Zielgerade entlangkrebst, dann geht er wieder in
die Südkurve, in die nächste Runde ... Als
Hahne aus der 4. Runde zurückkommt, weiß er nicht, warum die Zuschauer
bei Start und Ziel aufgestanden sind, ihm zujubeln, schreien und winken.
Er erfährt es erst, als er den Wagen an der Box abstellt.- Er hat in
der 3. Runde einen neuen Rundenrekord gefahren - 9.58,5 Minuten! Als
erster Tourenwagenfahrer ist er unter die 10-Minuten-Grenze gekommen.
Er ist heute der einzige, der unter 10 Minuten bleibt: In der letzten
Runde fährt Herbert Schultze aus Berlin - mit fast leerem Tank - mit
10.00,1 die zweitbeste Rundenzeit des Tages. Wie
sich nachher herausstellt, sind an Hahnes Auto einige Auswuchtgewichte
davongeflogen. Deshalb das Rütteln ... Hahne
selbst ist mit seiner „Traumrunde“ gar nicht so zufrieden, sondern
eher verdutzt. „Ich
habe nicht geglaubt, daß ich so schnell bin! Nach der ersten Runde
wollte ich den Wagen schon an die Boxen fahren. Bergauf ging er einfach
nicht, und das Rütteln war kaum zu ertragen. Über 180 war er kaum noch
zu fahren. Ich wollte aufhören ...“ Dann
rechnet jemand aus, wie schnell Hahne war: Er fuhr 137,2 km/h
Durchschnitt! 1954
hatte Juan Manuel Fangio, damals Automobil-Weltmeister, auf dem Nürburgring
mit dem Mercedes-Rennwagen einen Schnitt von 133,2 km/h erreicht - mit
einem Grand-Prix-Rennwagen! Vier
Wochen später findet die Zandvoort-Trophy statt, das vorletzte Rennen
im Europapokal 1966. Jetzt ist Hubert Hahne auf der „Sieges-Bahn“.
Er gewinnt das Rennen ganz klar und hat damit ebenfalls drei Siege zu
verzeichnen - für sich und BMW. Allerdings siegt de Adamich auf dem
Alfa in seiner Division ebenfalls und liegt damit weiter vorne. Drei
Wochen später gewinnt Hahne in Eigenthal in der Schweiz das letzte
Rennen der Europapokal-Serie 1966: das Bergrennen von Eigenthal. Und
damit ist er Europapokal-Sieger 1966 geworden ... Zusammen
mit Fiat-Abarth und Alfa Romeo gewinnt BMW den „Europapokal 1966“ in
der Marken-Wertung. Noch eine erfreuliche Nachricht gibt es für BMW, als man Ende 1966 alles zusammenzählt.- Josef Schnitzer ist Deutscher Tourenwagen-Meister 1966 - allerdings in totem Rennen mit Herbert Schultze, Berlin. Wie sich herausstellt, verlor Schnitzer die entscheidenden Punkte, die ihm am Alleinsieg fehlen, durch einen BMW-Fahrer: Bei der AvD-Trophäe war Schnitzer Dritter geworden, Zweiter in seiner Klasse. Erster war Hahne - bei seinem Traumrennen, und damit nahm er seinem Stallkameraden den entscheidenden 1. Platz. |
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Quelle: Sieg in tausend Rennen - Die BMW-Story, von Winfried M. Schnitzler, Copress-Verlag, © 1967 |