1500_Strand_800x600

 

Entwicklungsgeschichte

Der BMW 1500 war der erste Mittelklassewagen von BMW nach dem 2. Weltkrieg. Er stellte den Beginn einer neuen Modellreihe (»Neue Klasse«) dar, welche die Bayerischen Motoren Werke endgültig vor dem finanziellen Ruin sowie der Übernahme durch Mercedes bewahrte und der Marke letztlich wieder zu neuer Blüte verhalf.
 

Ein Mittelklassewagen mit der Leistung eines "Großen", das ist das Neue an der neuen Klasse. Ein Tourenwagen für den Alltagsverkehr. Eine handliche, wendige Limousine mit drehfreudigem Motor von "sportlichem" Charakter. Gewissermaßen eine deutsche Alfa Romeo Giulia. Ein Ford Taunus oder Opel Rekord hat 50 bzw. 55 PS, der BMW 1500 aber deren 80. Alles klar? Damit zwängt sich BMW in genau jene ansehnliche Marktlücke, die von 1954 an Borgward mit seiner Isabella geschaffen hat. Das Borgward in Bremen in einen von Banken und Politik inszenierten Konkurs getrieben wird, während man in München dank großzügiger Darlehen von Banken und Politik den BMW 1500 entwickelt, daran sind gewisse Ex-Aufsichtsratsvorsitzende der Bayerischen Motoren Werke zumindest nicht unbeteiligt.
 

1500_02m.jpg
Vergrößerung: 69 KB

Auf der Frankfurter IAA im September 1961 ist der langerwartete "Mittelwagen" von BMW mit 1.499 ccm, 75 PS, einer Verdichtung von 8,2:1 und 5,90-13- Bereifung die große Attraktion (dieses wurde noch kurz vor Verkaufsstart auf 14 Zoll geändert). Zwar war dieser Musterwagen noch längst nicht serienreif, doch fanden Technik und Form des neuen BMW begeisterten Beifall. Allgemeines Urteil: Endlich wieder ein echter BMW! Neben dem mit verführerischen 8.500 DM angekündigten 1500 verschwinden im Menschen-


gewühl der IAA:  700 Coupé, Cabriolet und Limousine sowie ein 3200 CS, der letzte der großen Achtzylinder. Auch die Presse wurde zahlreich eingeladen: über 150 Journalisten aus ganz Europa waren zur Vorstellung des neuen Wagens in seiner Serienausführung im Juni 1962 nach Rottach-Egern gekommen, wo vor allem Vorstands mitglied Paul G. Hahnemann, zuständig für Vertrieb und Marketing, im Mittelpunkt des journalistischen Interesses stand. Er prophezeite den Autos der »Neuen Klasse«, deren Erweiterung bereits langfristig geplant war, außerordentlich große

1500_03m.jpg
Vergrößerung: 55 KB

 

1500_04m.jpg
Vergrößerung: 41 KB

Chancen - und er sollte damit recht behalten.

Der für das Aufspüren gewisser Marktnischen be-kannte Stratege (daher sein Spitzname Nischen-paule) setzte alles auf den neuen Wagen.

Die Karosserie des neuen Mittelklasse-BMW zeigte

 

starke italienische Einflüsse. Ihr streng geometrischer Stil orientiert sich an Pininfarinas Trapezlinie. Wie schon beim 700 so hatte auch beim 1500 Giovanni Michelotti seine magischen Hände im Spiel.

Nachdem beim Heckmotor-700 darauf verzichtet werden mußte, hat der 1500 wieder die typische 

1500_05m.jpg
Vergrößerung: 37 KB

 

1500_06m.jpg
Vergrößerung: 81 KB

BMW-"Niere" am Bug. Und sogar in doppelter Ausführung: Der Kühllufteinlaß besteht aus zwei schmalen und zwei breiten Nieren. Damit der Vierzylinder unter die flache Motor- haube paßt, wird er in Fahrtrichtung um 30 Grad nach rechts geneigt eingebaut.

Die obenliegende Nockenwelle betätigt über Kipphebel je zwei V-förmig im Leichtmetall- Zylinderkopf hängende Ventile. Ursprünglich sollte der 1500 ein BMW 1300 sein, doch schon bei der ersten Probefahrt wurde Entwick
lungschef Alexander 

 

von Falkenhausen klar, daß das nicht reicht.

Der gußeiserne Motorblock des 1500 von 1961/62 wird 1983 im Brabham-BMW Formel 1 mehr als 1000 Turbo-PS aushalten, im M3-Renntourenwagen zuletzt 2,5 Liter messen und in der zivilen 3er-Reihe gar bis 1991 zum Einsatz kommen.

Die neue Klasse hat Einzelradaufhängung rund- um. Ihre Vorderräder werden an Mc-Pherson- Federbeinen geführt, ihre Hinterräder an Schräglenkern gezogen. An den Vorderrädern kommen Scheibenbremsen

1500_07m.jpg
Vergrößerung:  63 KB

 

1500_08m.jpg
Vergrößerung: 60 KB

zum Einsatz. Originalton aus München: "Wir haben dem BMW gute Bremsen gegeben, damit Sie Ihrem Vordermann nie zu nahe kommen. Leider können wir Ihren Hintermann nicht zwingen, auch einen BMW zu fahren. Sein Pech."

Eine Vorserie gab es bereits ab Februar 1962, als aber die neue Klasse im Oktober 1962 nach großen Anlaufproblemen endlich in Serie geht, ist der BMW 1500 keineswegs ein "Star ohne Allüren", wie freundliche Autotester lobhulden. Starke Windge-

 

geräusche sind noch die harm- loseste seiner zahlreichen Kinderkrankheiten. Das Viergang-Getriebe will präzise geschaltet werden, sonst kracht es im Gebälk.

Die Hinterachse ist sehr empfindlich und im lang-samen Stadtverkehr ziemlich unkomfortabel. Zudem mußte
der zunächst angepeilte Verkaufspreis von DM 8.500,- zum Verkaufsstart schließlich auf DM 9.485,- korrigiert werden. Doch obwohl der Mittel-klasse-BMW die Nachsicht seiner Käufer in nicht

1500_09m.jpg
Vergrößerung:  48 KB

 

1500_10m.jpg
Vergrößerung: 40 KB

gerade bescheidenem Maße strapaziert und bis zum Ende ein mit vielen Problemen behaftetes Auto- mobil blieb, wird er zu einem Erfolg, der groß genug ist, um BMW die Zukunft zu sichern.

Ende 1964 wurde die Produktion des BMW 1500 nach 23.807 Wagen eingestellt, 250 davon hatten Rechtslenkung.

 
Quellen: 1.) Alle BMW Automobile, von W. Oswald, Motorbuch Verlag, © 1991
2.) BMW Automobile, von H. Schrader & C. Sagehorn, Schrader Verlag, © 1993
3.) BMW Personenwagen seit 1952, von W. Zeichner, Motorbuch Verlag, © 1998
4.) BMW - alle Autos seit 1952, von H.-K. Lange, V.I.P. Paperback Motor, © 1993
5.) BMW, von R. W. Schlegelmilch, H. Lehbrink & J. v. Osterroth, Könemann Verlagsges., © 1999
6.) BMW - Faszination aus Technik und Design, von I. Seiff, Bechtermünz Verlag, © 1998